Der neue Kooperator Johannes Lackner spricht über den Zölibat, berührende Momente und das, was er erreichen will.

Er trägt eine weiß-rote­ Trainingsjacke mit aufgedrucktem Österreich-Adler, darunter blitzt das schwarze Hemd mit dem Prie­ster-Kollar hervor. Coole­ Kombination. Johannes – seit September dieses Jahres Kooperator in der Pfarre St. Johann – klärt mich auf, was es mit dem Outfit auf sich hat: Er sei zum Sport- und Olympiaseelsorger ernannt worden und dürfe die österreichischen Athleten zu den Olympischen und Paralympischen Spielen 2024 in Paris begleiten, erzählt er. Die Freude darüber steht ihm ins Gesicht geschrieben. „Ich bin selbst ja auch ein begeisterter Sportler, ich gehe gerne Skifahren und Mountainbiken“, verrät der gebürtige Reither. Er habe bereits in Maribor beim europäischen olympischen Jugendfestival dabei sein dürfen – sein erster Einsatz. „Da habe ich eine Sportlerin gefragt, was ihr der Seelsorger bei so einer Sportveranstaltung bringt. Sie meinte, das sei einer der wichtigsten Betreuer für sie, weil er nur den Menschen sieht und nicht nach der Leistung beurteilt.“ Johannes strahlt. Als „Seelenmasseur“ kann ich ihn mir gut vorstellen.
Vor eineinhalb Jahren wurde der 28-Jährige zum Priester geweiht. Als Kind war er mit seinen Eltern jeden Sonntag zur Kirche gegangen, war auch Ministrant gewesen. Er besuchte das Gymnasium in St. Johann, seine Lieblingsfächer waren Mathematik und Latein. „Stell dir vor, ich war in Latein sogar österreichischer Meister bei der Bundesolympiade“, erinnert er sich lächelnd. Latein- und Mathelehrer habe er werden wollen, so Johannes. Aber dann, als er 16 Jahre alt war, machte er eine Wallfahrt nach Fátima in Portugal. Dort feierte fast eine Million Menschen aus aller Welt gemeinsam die Heilige Messe. Die tiefe innere Freude am Glauben, die er dort erlebte, berührte ihn. Er beschäftigte sich daraufhin mehr mit der Heiligen Schrift, las in der Bibel und entdeckte: „Der Glaube gibt mir Sinn und Hoffnung über den Tod hinaus. Er widerspricht auch der Vernunft nicht, als Mathematiker und Lateiner war mir das wichtig.“ Der Glaube an Gott beantwortet für ihn die Frage nach dem Sinn des Lebens. Und worin besteht er nun für ihn, der Sinn des Lebens? „Ich bin auf der Welt, weil Gott mich liebt, ich bin zur Liebe berufen“, sagt Johannes.

Glaube und Zweifel

Sein Leben habe durch die Hinwendung zum Glauben ein Ziel bekommen, so Johannes. Dieses Ziel liege im Himmel, in der Gemeinschaft mit dem lieben Gott, es gebe ihm Halt und Orientierung. Und die Hoffnung, dass der Tod nicht das Aus bedeutet, sondern dass es danach weitergeht. Meine Ohren hören Hoffnung, wo bleibt die Gewissheit? Johannes erklärt: „Der Gläubige und der Atheist haben den Zweifel gemeinsam, sagt Papst Benedikt. Der Atheist kann sich nie ganz sicher sein, dass Gott nicht doch existiert. Und der Gläubige kann sich nicht zu hundert Prozent sicher sein, dass es Gott gibt.“ Er selbst habe Gott jedoch in seinem Herzen erfahren, als Gewissheit der Liebe.
Nach dem Erlebnis in Fátima trägt er sich zum ersten Mal mit dem Gedanken, sein Leben in den Dienst Gottes zu stellen, um die Freude, den Sinn und die Hoffnung, die er erlebt hat, an andere Menschen weiterzugeben. Er prüft sich, beginnt ein Theologie-Studium, prüft sich weiterhin und wechselt nach zwei Jahren schließlich ins Priesterseminar. Sein Weg liegt nun ganz klar vor ihm.

Kleine große Momente

Ich frage Johannes nach den bislang schönsten Momenten seines Priesterseins. Natürlich sei die Priesterweihe ein großer, beglückender Moment gewesen, meint er. Aber es seien die alltäglichen Begegnungen, die für ihn die Seelsorge so erfüllend machen. Johannes erzählt davon, wie er kürzlich zu einer Frau zur Krankensalbung kam und sich jene so freute, dass er ihr als Priester den Zuspruch Gottes brachte, dass sie Freudentränen weinte. „Es ist so schön und sinnstiftend zu spüren, dass man wirklich etwas tun kann für die Menschen. Man gibt viel und bekommt viel zurück.“ Wunderbar sei es, freudige Feste wie Taufen und Hochzeiten zu feiern. Bei Begräbnissen Trost zu spenden, sei ebenso schön und erfüllend, wenn auch auf andere Weise.
Johannes predigt auch gerne, meist ist er am Sonntag in Oberndorf zu hören. Hält er sich selbst denn für einen guten Prediger? „Das müssen andere beurteilen“, sagt er und lacht. Er freut sich sehr, wenn seine Eltern die Heilige Messe mitfeiern. Es sei für sie vielleicht nicht immer einfach gewesen, ihr einziges Kind den Weg des Priesters gehen zu sehen und damit auf Enkelkinder zu verzichten, „aber sie haben mich immer bestärkt und unterstützt. Wenn ich glücklich bin, sind sie es auch. Das ist die schönste Form der Liebe.“
Hat Johannes als junger Mann nicht den Wunsch nach einer eigenen Familie, nach Frau und Kindern? „Ich habe mich bewusst für diese Lebensform, die den Zölibat einschließt, entschieden“, antwortet er. Das ist aber nicht immer leicht, meine ich. „Eine Ehe ist auch nicht immer leicht“, sagt Johannes darauf. Da hat er natürlich recht. Er sehe den Zölibat als Chance, ganz für Gott und die Mitmenschen zu leben. Als Zeugnis dafür, dass es etwas gibt, das diese Welt übersteigt. „Wenn der Priester auf das schönste verzichtet, auf eine eigene Familie, dann ist das für mich ein Beweis dafür, dass so etwas existiert.“ Niemand, auch nicht Gott, verlange den Verzicht von ihm, es sei seine eigene Entscheidung. „Ich fühle mich nicht dazu gedrängt, sondern lebe das von innen heraus. Bislang fällt es mir nicht schwer.“

Für den Glauben begeistern

Sein erstes Jahr als Kooperator verbrachte er in Tamsweg, dort war er bei vielen Veranstaltungen dabei. Er tanzte auf Bällen und mischte sich unters Volk, so will er es nun auch in St. Johann und Oberndorf halten. Wovon träumt er, was will er erreichen? Vielleicht strebt Johannes ja eine Karriere innerhalb der Kirche an und will Bischof oder sogar eines Tages Papst werden? Er schüttelt lachend den Kopf, in so einer Position sieht er sich nicht. „Eigentlich möchte ich einfach nur viele Menschen für den Glauben begeistern, an welchem Ort auch immer“, sagt er. „Der Glaube wäre heute ganz wichtig für die Gesellschaft, weil wir ein Defizit an Hoffnung sehen und Orientierungslosigkeit, gerade bei den jungen Menschen.“ Der Glaube könne Hoffnung und Halt geben und die Gewissheit, bedingungslos geliebt zu werden. „Wenn ich das nur wenigen Menschen vermitteln kann, dann ist viel geschafft.“

Doris Martinz