Im Gespräch mit Bernard Embacher über Kunst, Try and Error und KI

Das KUNSTWERK in Mauthfeld 8 ist leicht zu finden. Wer dort an die Tür klopft, wird von einem hochgewachsenen, herzlichen Bernard empfangen. Sein Atelier lädt die Sinne ein zu Verweilen: die Augen, um zu betrachten, die Ohren, um den Klängen der Musik zu lauschen und das Gespür, das am liebsten in die lebendig wirkenden Werke eintauchen würde.
„Kunst war für mich schon immer ein Sehnsuchtsort,“ beginnt Bernard unser Gespräch. Die Lebensgeschicke­ führten ihn beruflich zunächst zur Architektur und Selbständigkeit, eine harte­ Schule die er, wie er sagt, auch durchleben musste. Er bezeichnet die Architektur als seinen Brotberuf, den er heute noch aufrechterhält und in dem er auch jenseits von ­Österreich in Ländern wie Italien, Deutschland, Kroatien und Spanien erfolgreich tätig war. „Zurück zur Kunst brachte mich die Langweile und die Sehnsucht nach der Freiheit,“ so Bernard und erzählt von einem befreundeten Berliner Künstler, der auf seine Anfrage für ein Bild hin trocken antwortete: „Bernard, mal dir das doch selber!“ Es folgte eine Künstlerreise auf der Berliner Hütte im Zillertal, wo viele Künstler an ihren Projekten arbeiteten und die Werke daraufhin international ausgestellt haben, unter anderem in New York, Istanbul und Berlin. Dies war der Beginn oder besser gesagt die Wiederaufnahme seiner Leidenschaft an der Kunst, dessen schöpferischer Akt sich in der Ölmalerei, Fotografie, Film und Skulptur widerspiegelt.

Saiten, die Farben auf der Leinwand erklingen lassen

Es war auch ein befreundeter Künstler, der Bernard das Malen mit Ölfarben empfahl. Die Technik, mit der Bernards einzigartige Werke entstehen, hat eine lange Reise an Lebenserfahrung hinter sich und befindet sich im ständigen Wandel. „Es ist ein Try and Error, ein Versuch aus der Unzufriedenheit heraus, dessen Antrieb Wunsch und Zweifel ist,“ beschreibt er. Wie in der Natur geht auch beim künstlerischen Schaffen mal was schief, wovor man sich jedoch nicht fürchten muss – denn aus dem Scheitern resultiert die Weiterentwicklung. So verwendet Bernard für seine größeren Bilder gefaltete und geknickte A5 Blätter statt beispielsweise einen Pinsel. Diese Blätter nennt er „Saiten“, absichtlich nach den Saiten eines Instrumentes. Generell genießt die Musik­ einen hohen Stellenwert in Bernards Schöpfungen, und so wundert es nicht, dass er die Stimmungen auf seinen Werken als „Farbkanon“ oder „Farbakkorde“ bezeichnet. Bernard hat Klarinette gelernt, spielte in der Blas­kapelle und bereichert heute ein Improvisationsensemble, die „Free Musik St. Johann“, wo er sich monatlich mit Gleichgesinnten zum Jammen trifft.

Im Auge des Betrachters

Mit seinen Bildern will Bernard etwas erschaffen, das den Betrachter zum mehrmaligen Hinsehen einlädt. Eine Mehrdeutigkeit ist absolut gewollt und es fasziniert ihn immer wieder, was seine Werke bei den Menschen auslösen können. Beginnt er ein neues Werk, ist ihm im Wesentlichen klar, wie es aussehen soll und da ihm vor allem seine großen Bilder (bis 2,50m x 3,60 m) auch körperlich einiges abverlangen, bedarf es stets einer guten Vorbereitung. „Ist die Grundierung der Leinwand und das Mischen der Farben getan, male ich ein Bild in einem Zug durch – das kann bis zu zwölf oder 14 Stunden dauern.“

KI in der Kunst

Seine Ausstellung in der Museumsgalerie in St. Johann in Tirol hat er als „SCHERZO“­ betitelt, nach einem kleinen, lustigen Musikstück. Er zeigt diesmal kleinformatigere Bilder, die er in den beiden spiegelgleichen Räumen der Galerie als „Original“ und deren „Zwillinge“ ausstellt. Der Ursprung dieser Idee entstand aus der Frage eines Bekannten, der wissen wollte, ob man Bernards Saiten auch kaufen könne – also jene, die nach der Verwendung auf seinen Werken in unterschiedlichen Farben getränkt waren. „Ich habe darauf hin probiert, auf meine frisch gemalten Ölbilder ein Blatt zu legen und dieses dann vorsichtig abzuziehen.“ Die daraus resultierenden Vervielfältigungen wurden auf dem Blatt weiterbearbeitet und es entstand ein spannendes und für den Maler freudvolles „Hin und Her“. Die Werke von „SCHERZO“ haben bei der Motivauswahl auch die KI einbezogen. Somit stellt man sich beim Betrachten der Werke aus dieser Serie unausweichlich Fragen wie: Was ist wahr? Was ist Ursprung? Was ist Fake und was ist eine Kopie?
Es gäbe noch unendlich viel über den Künstler zu berichten, wie zum Beispiel die Liebe zu seiner Frau Aglaia, die mit ihm die Leidenschaft für die Kunst teilt und die seine Werke stets als Erste betrachten darf. Oder dass der Glitzerstaub, der auf vielen seiner Bilder zu finden ist, ursprünglich liegen gelassener Glasstaub von seinem Sohn ist, der als Glasbläser arbeitet und so ungern aufräumte – und als Bernard dies für ihn erledigte, der zusammengekehrte Staub plötzlich zu Sternen auf der noch nassen Ölfarbe wurde. Und dass Bernard sein zweites Zuhause mittlerweile im rauen und dennoch – oder gerade deshalb – eleganten Genua sieht.
Mir tut sich der Gedanke auf, dass Bernard das Leben, als eine unendlich bunte, spannende und erforschenswerte Entdeckungsreise sieht, über die er uns auf seinen Leinwänden berichtet. So, wie uns Noten, Akkorde und Töne mit ihren Klängen in immer wieder neuen Kombinationen Geschichten übers Leben erzählen, steht auch der Welt der Malerei mit seinem Farb- und Technikspektrum in dem um nichts nach. Bernard ist sich dessen bewusst und wird niemals müde werden, seine Techniken weiterzuentwickeln und einem schöpferischen Wandel zu unterziehen. „Zumindest nicht, bis ich mich selbst nicht mehr überraschen kann,“ sagt er schmunzelnd. „Eher können mir die Hände abfallen!“

Viktoria Defrancq-Klabischnig

Die Ausstellung wird am Samstag, den 13. April 2024 in der Galerie im Museum in St. Johann eröffnet und kann von 11 bis 18 Uhr besucht werden.

Weitere Öffnungszeiten sind:
Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 16:30 Uhr bis 18:30 Uhr sowie Freitag von 11 bis 18:30 Uhr.
Die letzte Möglichkeit die Ausstellung zu besuchen ist der 1. Mai von 14:30 Uhr bis 18:30 Uhr.