Im neu eröffneten Markt in Kirchdorf blieb nichts wie es war. Außer den Menschen.

Wow, da tut sich ja eine ganz neue Welt auf – so mein Gedanke, als ich das neu eröffnete Lagerhaus in Kirchdorf zum ersten Mal betrete. Man hat mir gesagt, dass die Geschäftsfläche kaum erweitert wurde, sie sieht jetzt aber größer aus – und vor allem modern. Sehr ansprechend! Auf der einen Seite die neue Abteilung „Bauelemente“ mit Fenster und Türen, auf der anderen die Dekoabteilung, weiter hinten Garten, Haushalt, Werkzeug, und, und, und. Während ich noch überlege, wie ich meine Tour anlege, werde ich links und rechts überholt. An einem normalerweise verschlafenen, weil regnerischen Donnerstagmorgen Ende März scheint die halbe Region auf den Füßen zu sein, um sich ein Bild vom „Lagerhaus neu“ zu machen. Rund um mich herum vernehme ich Ausrufe wie „Oh!“ und „Ah!“ und „Cool, schau dir das an!“
Zirka fünf Millionen Euro hat die „Unser Lagerhaus WHG“ mit Sitz in Klagenfurt in die Neugestaltung des Standorts Kirchdorf investiert – es ist der größte in Tirol. Ich treffe Hubert Schenk und Markus Furtenbacher von der Geschäftsführung der WHG zum Gespräch. Die Freude über den gelungenen Umbau ist ihnen anzusehen. Dabei war es spannend bis zuletzt: Die Arbeiten seien ganz knapp vor der Eröffnung am 20. März fertiggestellt worden. „Alle haben zusammengeholfen, damit es klappt. Es war echt unglaublich, was unser Team geleistet hat“, so Schenk. Der Umbau sei nämlich bei laufendem Betrieb erfolgt.

Überall ganz nah

In einer ländlichen Region wie der unseren ist das Lagerhaus eigentlich ja nicht wegzudenken. Irgend etwas braucht man immer: Grünzeug für den Garten, Gläser zum Einwecken, Baustoffe wie Holz, Zement oder auch Fliesenkleber, Photovoltaik-Paneele, Wandfarbe zum Ausmalen, einen Feuerlöscher, die Hundeleine für Struppi und noch viel mehr. Es gibt (fast) nichts, das es nicht gibt. Wo man überall hin müsste, wenn es nicht das Lagerhaus gäbe! Nicht auszudenken.
Die Nahversorgung der Landbevölkerung zu garantieren, sieht man beim Lagerhaus als Auftrag. „Wo die großen Konzerne keine Filialen eröffnen wollen, da sind wir zu finden“, so Furtenbacher. „Wir sind immer ganz nah an den Menschen.“
Ursprünglich – vor 126 Jahren – wurde der Lagerhaus-Verbund ins Leben gerufen, um Bauern nach dem genossenschaftlichen Prinzip ein besseres Wirtschaften zu ermöglichen: „Was einer nicht schaffen kann, das schaffen viele gemeinsam.“ Die einen produzierten Ware, die anderen kümmerten sich um den Vertrieb. „Das war damals ein revolutionärer Gedanke, da ist viel Gutes entstanden“, so Hubert Schenk. Längst sind es aber nicht mehr nur die Landwirte und Bäuerinnen, die im Lagerhaus einkaufen: Der Anteil der Kundschaft mit Agrar-Hintergrund liegt inzwischen bei zirka 50 Prozent.
Der Grundgedanke des Zusammenhaltens und des füreinander Daseins jedoch, der blieb über die mehr als hundert Jahre in der Philosophie des Unternehmens als Kernwert erhalten. Auch wenn das Mutterunternehmen der WHG an der Börse notiert und weltweit tätig ist: In Kirchdorf, zwischen knallrot blühenden Geranien und bunten Ponyhalftern, ist davon nichts zu spüren. Zumal es ja auch nicht die Produkte sind, die das Lagerhaus ausmachen – selbst wenn das Sortiment wirklich beeindruckend umfassend ist. Es sind die Menschen, die das Lagerhaus zu dem machen, was es ist: ein Teil der Region, ein Stück Heimat.

Es liegt an den Menschen

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Lagerhaus „ticken“ ein wenig anders als jene in anderen Märkten und Geschäften. Sie sind irgendwie „geerdeter“, authentischer. Und immer kompetent. Viele von ihnen haben von Kindheitstagen an einen Bezug zum Lagerhaus, sie sind schon mit ihren Eltern hergekommen. Da gab es für den Nachwuchs ein „Schleich“-Tier­ oder neue Gummistiefel,­ die fast bis über die Knie reichten. Heute finden sie hier Arbeitsplätze, die Perspektiven bieten und Aufgaben, die Spaß und Sinn machen. 58 Köpfe umfasst das Team in Kirchdorf derzeit, sechs davon sind Lehrlinge. „Unsere Fachkräfte bilden wir am liebsten selbst aus“, erklärt Hubert Schenk. Für Motivation sorgen Belohnungssysteme, Prämien und tolle Ausbildungsprogramme,­ bei denen es nicht nur um fachliche Qualifikation, sondern auch um die persönliche Entwicklung geht. Die Jugendlichen sind mit den anderen der insgesamt 66 Standorte „connected“. „Da hat sich eine tolle Dynamik entwickelt“, erzählt Schenk mit leuchtenden Augen. Es komme wieder vor, dass Eltern anrufen, um zu fragen, ob ihre Tochter oder ihr Sohn beim Lagerhaus eine Lehre absolvieren könne. „Wir sehen das als ein schönes Kompliment für unsere Bemühungen. Die Leute spüren: Bei uns „menschelt“ es, das wünschen sie sich für ihre Kinder.“
Das ist es auch, was mich bei meinem ersten Besuch nach dem Umbau im Lagerhaus in Kirchdorf einnimmt: Es ist nicht der schöne, neue Boden – obwohl er eine tolle Atmosphäre schafft. Es sind nicht die stylischen Vasen in der Dekoabteilung – obwohl ich am liebsten gleich mehrere mitnehmen würde. Nein, es ist der junge Mann im Lagerhaus-Outfit, der mit einem gewinnenden Lächeln auf mich zukommt und fragt, ob er mir helfen kann. Natürlich kann er, da bin ich mir sicher …

Doris Martinz