Antwort: Da wie dort schaut Thomas Einwaller auf Qualität.

Was mir als erstes an ihm auffällt, ist seine
Körpergröße. 1,94 Meter ist er „hoch“, erfahre ich von ihm bei unserem Gespräch in seinem Büro im Verwaltungsgebäude des Krankenhauses St. Johann. In diesem Augenblick wird mir klar: Es liegt am Überblick, es liegt an der Perspektive, mit der Thomas Einwaller die Welt betrachtet. Von oben sieht man einfach anders, besser. Daher die Eignung zum Fußball-Schiedsrichter zum einen und zum Qualitätsmanager im Bezirkskrankenhaus St. Johann zum anderen. Aber der Reihe nach:
Im Alter von 14 Jahren pfeift Thomas Einwaller sein erstes Fußballmatch, in den folgenden Jahren durchläuft er als Schiedsrichter alle Ausbildungsstufen. Bei insgesamt 1.350 Spielen (!) steht er als Unparteiischer am Platz. 2008 ist er als Schiedsrichter bei den Olympischen Spielen in Peking im Einsatz, später auch in der Champions League. 2011 verordnete er sich selbst den Schlusspfiff, beendet seine Laufbahn und steigt erst 2015 als Schiedsrichter-Beo­bachter wieder in die internationale Fußballwelt ein. Heute reist er in dieser Funktion jährlich zu etwa zehn Spielen „irgendwo in Europa“. Im Herbst 2023 bewertete der 46-Jährige beispielsweise die Arbeit der Spielleiter während der Champions-League-Spiele Dortmund gegen Newcastle und Manchester United gegen Kopenhagen. Sein Resümee? „Unterschiedlich“ meint er diplomatisch. Drei Wochenenden im Monat ist er unterwegs, um in Wien die Arbeit der Video-Schiedsrichter zu beurteilen oder um in einem der Bundesliga-Stadien die Leistung der Unparteiischen zu analysieren.

Der Blick von außen ist wichtig

Hauptberuflich zieht es Thomas Einwaller vorerst in die Bank, 18 Jahre lang arbeitet der Ehemann und Vater von zwei Kindern als Revisor eines Geldinstituts in der Region. Nach entsprechender Aus- und Weiterbildung ist er sieben Jahre lang Heimleiter des Pflegeheims in seinem Heimatort Scheffau und begleitet dort den Neubau.
Dann kommt erneut ein Wechsel: Im Mai 2023 wird er Qualitätsmanager im Bezirkskrankenhaus St. Johann. Ohne spezifische Kenntnisse in der Pflege oder im medizinischen Bereich. „Gerade das macht es spannend für mich und meinen Arbeitgeber“, erzählt er. „Es geht darum, den Blick von außen mitzubringen, um Betriebsblindheit zu verhindern.“
Wie als Schiedsrichter-Beobachter und Revisor schaut Thomas Einwaller auch als Qualitätsmanager im Krankenhaus darauf, dass Qualitätsrichtlinien eingehalten und Vorgaben möglichst übertroffen werden. Welche Qualitäten muss man selbst mitbringen, um für so einen Job geeignet zu sein? Absolut unbestechlich muss man sein, nehme ich an, beharrlich und konsequent. Klingt nicht gerade nach den Eigenschaften eines richtig lockeren Arbeitskollegen.
Das Bild, das Thomas Einwaller von seinem Job zeichnet, ist jedoch nicht jenes des strengen „Kontrolleurs“: „Meine Hauptaufgabe ist es, Fragen zu stellen“, sagt er. Er erzählt, dass er letztes Jahr durch alle Abteilungen des Hauses­ gegangen sei und mit den Pflegebereichsleiter:innen, mit den Ärzt:innen und den Schlüsselmitarbeiter:innen gesprochen habe. Ziel war es, in den – sehr offenen – Unterhaltungen herauszufinden, ob die bestehenden Abläufe für alle zufriedenstellend sind, oder ob es Verbesserungsbedarf gibt. Wenn letzteres der Fall ist, arbeiten alle gemeinsam an einer Lösung.

Das Miteinander zählt

Bei den vielen Gesprächen trat für den Qualitätsmanager Überraschendes zutage: Nämlich die Tatsache, dass Sekretariate und auch die Stelle des Portiers im Haus absolute Schlüsselstellen sind. „Da läuft viel zusammen. Wenn es hier nicht funktioniert, zieht das einen Rattenschwanz an Problemen mit sich.“ Die „unwichtigen“ Positionen im Haus gebe es aber ohnehin nicht, so Einwaller: „Ob Verwaltung, Hygiene, Wäscherei, Küche, Labor oder Stationen: Es muss in jedem Bereich passen, damit das große Ganze gut funktioniert. Deshalb ist jeder einzelne der über 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wichtig.“
Das erste Jahr seines Wirkens im Krankenhaus bestätigte eine Erfahrung, die er während seiner beruflichen Laufbahn immer wieder machte: „Die Qualität in einem Unternehmen, auch in einem Krankenhaus, ist wesentlich davon abhängig, wie die Mitarbeiter:innen miteinander umgehen.“ Herrsche ein guter, kollegialer Umgang, sei das für die Patient:innen genauso wohltuend, wie es für die Teams selbst ist. Qualität sei deshalb nicht nur bei den vielen Prozessen und Abläufen im Haus wichtig, sondern auch beim Miteinander. Ein starkes Team sein, sich im ganzen Haus mit einem Lächeln begegnen, bereichsübergreifend Verständnis füreinander entwickeln, Konflikte gemeinsam lösen, … für all das setzt sich der Qualitätsmanager ein. Und er übernimmt auch Vermittlungsfunktionen. Er agiert nicht mit erhobenem Zeigefinger oder Optimierungsvorgaben, die den Abteilungen einfach übergestülpt werden. „Das würde nicht funktionieren!“ Es braucht Gespräche auf Augenhöhe. Ein Beweis dafür, dass das Arbeitsklima im Krankenhaus St. Johann passt, ist wohl auch die Tatsache, dass das Haus bei der Bewertung durch die auszubildenden Ärzte im letzten Jahr sehr gut abgeschnitten hat.

Es liegt am Menschen

Zum Qualitäts- gehört auch das Beschwerdemanagement.­ Patientinnen und Patienten des Krankenhauses St. Johann können online oder schrift­lich Rückmeldung geben und bekommen bei ihrer Entlassung die jeweiligen­ Informationen dafür (Frage­bogen od. Zugangscode zur Online-Befragung).
Jedes einzelne Feedback geht an die „kollegiale Führung“ – je nach Zuständigkeit entweder an den ärztlichen Direktor, an den Pflegedirektor oder Verwaltungsdirektor. Bei Beschwerden nimmt der jeweilige Adressat persönlich mit dem Patienten/der Patientin Kontakt auf. „Wo Menschen arbeiten, passieren auch Fehler“, so Thomas Einwaller. „Zum Glück haben wir sehr wenige Reklamationen, aber jede einzelne wird sehr ernst genommen. Das Beschwerdemanagement ist meines Erachtens bei uns von sehr hoher Qualität.“
In seiner ersten Woche als Qualitätsmanager versetzte sich Thomas Einwaller in die Rolle eines Patienten und versuchte, sich allein mithilfe der bestehenden Beschilderung überall im Haus zurechtzufinden. Sehr vieles funktionierte, manches konnte noch verbessert werden. Seine Körpergröße half ihm in diesem Fall nicht. Das tut sie auch in den Gesprächen mit den Teammitgliedern, beim Vermitteln und Motivieren nicht. Dass er einen guten Job macht, liegt wohl auch auf dem Fußballplatz nicht an der Körpergröße, nicht an der Perspektive. Es liegt am Menschen.

Doris Martinz