Irene Zanett kam vor fünf Jahren als Wunschoma zur Familie Papadimitriou/Willeit, heute ist sie fester Bestandteil der Familie.

Schon lange hatte Irene Zanett überlegt und abgewartet. Als sie eine Freundin traf, die schon damals, vor fünf Jahren, glückliche Wunschoma war, gab das den letzten Anstoß: Sie kontaktierte Karin Berktold, damals Koordinatorin des Projekts „Wunschgroßeltern“ – sie wollte ebenfalls eine „Wunschoma“ werden. „Es waren einige Fragebögen auszufüllen, und dann hat man mir das Foto der Familie vorgelegt, die jemanden suchte. Ich habe sofort gewusst: die sind’s!“, erinnert sich Irene lächelnd. Als Karin Berktold darauf hinwies, dass die Familie Papadimitriou/Willeit aus St. Johann international sei, dass es einen griechischen Vater und gleich drei Kinder gebe, meint Irene nur: „Umso besser!“
Evelyn Willeit kam auf das Projekt, weil Karins Tochter und ihr Sohn Ionas gemeinsam den Kindergarten besuchten. Die Mütter tauschten sich aus, und ihr gefiel der Gedanke, eine weitere Oma für die Kinder zu haben. Die Eltern ihres Mannes Yiannis leben ja in Griechenland und kommen nur einmal im Jahr zu Besuch. Evelyns Mutter lebt in Brixen im Thale und hat mittlerweile sieben Enkelkinder, um die sie sich zu gleichen Teilen kümmern will. Schnell einmal einzuspringen, wenn Evelyn jemanden für die Kinder braucht, ist für sie schwierig. „Also haben wir die Unterlagen ausgefüllt und uns gedacht, wir schauen einfach mal, wir haben ja nichts zu verlieren, sondern nur zu gewinnen“, erzählt Evelyn. 2017 war das. „Und dann hieß es plötzlich, dass sich eine Oma gemeldet hat.“

Die Oma hat Zeit

Die Kontaktdaten wurden ausgetauscht, und schon bald kam es zum ersten Treffen bei der Familie daheim. Dass Evelyn – wie Irene – aus Fieberbrunn stammt, verband die beiden Frauen sofort. Man ratschte, plauderte, „beschnupperte“ sich zuerst einmal. Melina, die Jüngste der Familie und damals drei Jahre alt, nahm Irene gleich mit in ihr Zimmer und stellte ihr die ganze Puppenfamilie vor. Die Buben Ionas und Konstantinos, heute elf und neun Jahre alt, sausten um sie herum. „Es hat sich von Anfang an alles gut und richtig angefühlt“, meint Irene, und Evelyn nickt bestätigend. Sie und Yiannis empfanden es auch so.
Seither ist Irene fixer Bestandteil der Familie. Irene holte die Kinder früher öfter vom Kindergarten oder von der Schule ab und begleitete sie nach Hause. Inzwischen sind sie schon viel selbständiger geworden. Aber sie freuen sich, wenn Irene Zeit für sie hat und mit ihnen spielt oder etwas unternimmt. „Das erste, was wir mit der Irene gemacht haben, war eine Radltour“, erzählt Ionas begeistert, als wir uns im Ort auf ein Eis treffen. „Und ich spiele am liebsten Monopoly mit ihr“, verrät Konstantinos. Die Kinder nennen Irene meist bei ihrem Vornamen, doch manchmal rutscht ihnen auch ein „Oma“ heraus – weil Irene ja auch ihre dritte Oma ist oder besser die „Glücks­oma“, wie Melina sie manchmal bezeichnete.
Evelyn ist halbtags bei der Lebenshilfe beschäftigt. Die 42-Jährige will Irenes Entgegenkommen nicht überstrapazieren und sie nicht andauernd um Hilfe bitten. „Aber es ist einfach ein sehr gutes Gefühl, dass da jemand ist, der schnell zur Stelle ist, wenn wir jemanden brauchen. Jemand, der sich gerne um die Kinder kümmert.“ „Ich habe ja Zeit und bin gerne für die Familie da“, sagt Irene. „Was man gibt, bekommt man zigfach zurück.“ Sie liebt es, sich mit den Kindern zu beschäftigen, mit ihnen zu radeln, ins Schwimmbad zu gehen oder daheim zu spielen. „So bleibt man selber jung!“

Während unseres Gesprächs kommen wir auch auf das Thema Schule, und Irene erzählt davon, wie sehr sie als Kind unter ihrer Fehlsichtigkeit litt. Ionas, Konstantinos und Melina spitzen die Ohren und machen große Augen, als sie vom „Scheitlknien“ und anderen „erzieherischen Maßnahmen“ von damals erzählt. Solche Dinge wissen eben nur Omas und Opas zu berichten, nur sie können Bilder aus früheren Zeiten zeichnen. Nicht alles war gut, nicht alles war schlecht – spannend ist es für die Kinder allemal.
Irene wird heuer 75 Jahre alt. Sie hat in ihrer Jugend einige Jahre lang in Amerika gelebt und danach selbständig ein Handarbeitsgeschäft betrieben, sie lebt heute alleine. Mit der Familie Papadimitriou/Willeit hat sie nicht nur eine sinnvolle Aufgabe bekommen, sondern eine Familie gewonnen. „Die Irene ist bei jeder Familienfeier dabei, ob Erstkommunion, bei Geburtstagen oder zu Silvester. Sie gehört zu uns dazu“, sagt Evelyn. „Auch für mich ist es schön zu wissen, dass es jemanden gibt, der sich um mich kümmert, wenn es mir einmal nicht so gut geht“, gesteht Irene. Man ist füreinander da.
Zu Ende ist das Projekt Wunschgroßeltern* für beide Seiten noch lange nicht. Es kann ja auch gar nicht enden, eine Oma geht als Oma nicht in Pension. Irene freut sich darauf zu erleben, wie sich die Kinder entwickeln, welche Ausbildungen sie absolvieren, welche Berufe sie ergreifen werden. Sie wird sie begleiten und da sein, wenn sie gebraucht wird …
Interesse an Wunschgroß­eltern oder daran, es zu werden? Einfach eine E-Mail schicken an hutter@regio3.at

* ein Leader gefördertes Projekt und durch Bund, Land und Europäische Union unterstützt

Doris Martinz