Für Bergfex und Pfleger Christian Mettler steht der Mensch im Mittelpunkt.

Christian ist seit September 2021 als Pfleger beim Gesundhheits- und Sozialsprengel St. Johann-Oberndorf-Kirchdorf tätig. Dabei ist er einer der wenigen männlichen Mitarbeiter in dieser Branche – das stört ihn aber wenig. Die Klienten wissen seine umgängliche und hilfsbereite Art sehr zu schätzen und haben eine Gaudi, wenn er auf Besuch kommt. „Auf die Idee, diesen Beruf auszuüben, kam ich durch Kollegen von der Bergrettung,“ erinnert sich Christian. „Ihnen fiel auf, dass mein Umgang mit Patienten sehr positiv war.“ Dies hat ihn darin bestärkt, die Ausbildung zum Pflegeassistenten zu machen. Der gelernte Maler ist seit jungen Jahren begeisterter Alpinist und aktives Mitglied bei der Bergrettung St. Johann in Tirol.

Passts auf und Berg Heil

In das Rad, wie er seinen Werdegang in den Pflegeberuf nennt, kam er erstmal durch das Bundesheer. Dort wurde er zum Rettungssanitäter ausgebildet und merkte schnell, dass er ein besonderes Talent hat. Nämlich, dass er Menschen selbst in schwierigen Situationen ein Gefühl von Sicherheit geben kann, auch in Notsituationen ruhig und gefasst bleibt – und wo möglich, den Patienten ein Lächeln zu entlocken vermag.

Dieses Talent bringt er bei der Bergrettung schon seit vielen Jahren ein, wo er mit Feuer und Flamme Mitglied ist. Durch Freunde sowie der Liebe zu den Bergen fand er zum Verein. „Ich brauche stets die Herausforderung,“ sagt Christian und gewährt einen kurzen Einblick in die intensive Ausbildung, die man als Bergretter absolvieren muss. „Bereits für die Aufnahme zum Anwärter muss man allerhand können, angefangen von sicherem Klettern im Vorstieg, Spitzkehren-Technik beim Tourengehen und vieles mehr,“ erklärt er. Weiters wird das Vorlegen von einem Tourenbericht erwartet – das beinhaltet eine bestimmte Anzahl von Alpinklettertouren sowie Ski- und Hochtouren in festgelegten Schwierigkeitsgraden.
Wird das Probejahr erfolgreich beendet, treten die Anwärter in drei Teilbereichen zur Prüfung an. Die Absolventen sind Profis, die sich absolut sicher durch Sommer- und Winterberglandschaften bewegen können und weiters sehr gute Erste-Hilfe-Grundlagen-Kenntnisse aufweisen.
Die Bergrettung steht sieben Tage, 24 Stunden für Einsätze bereit – und das auf freiwilliger Basis. Jeder Notruf ist für Christian einzigartig, er unterscheidet nicht in der Schwierigkeit der jeweiligen Einsätze. Selbst wenn der Ausgang zumal traurig ist, da die verunglückte Person nicht mehr lebend geborgen werden kann, ist es zumindest ein kleiner Trost, den Angehörigen Gewissheit geben zu können. (Alle Details der Ausbildung sowie Einblicke über die Einsätze der Bergrettung St. Johann in Tirol sind auf deren Homepage ersichtlich dargestellt:
www.bergrettung-stjohann.at

Ausbildung während der Pandemie

Der nächste Schritt von Christian von Beruf zur Berufung sollte die Ausbildung zum Pflegeassistenten in St. Johann in Tirol sein – wo er jedoch, kaum dass er gestartet hat, nach Hause geschickt wurde. Die pandemiebedingten Sanktionen verbaten einen Unterricht vor Ort – was den auditiven Typen Christian nicht ganz so glücklich stimmte. „Wir waren die erste Klasse, die in den Genuss von E-Learning kam,“ lacht er.
Das letzte seiner vier Praktika führte ihn zum Sozialsprengel. „Es ist schon komisch, das war das Praktikum, vor dem ich am meisten Respekt hatte,“ so Christian. Der Gedanke daran, Menschen zu Hause ohne die Hilfsmittel, die man in Krankenhäusern und Pflegeheimen hat zu versorgen, schreckte ihn anfangs. „Doch danach war mir klar, wo ich gerne arbeiten möchte.“
Nach seinem Abschluss fasste er dennoch zunächst im Altenpflegeheim in Kirchberg beruflichen Fuß. Dort konnte er besonders von der Demenzstation einiges fürs Leben lernen. „Die Kolleginnen dort haben mir die Waden vorgerichtet,“ schmunzelt er. Die Challenge, mit Mundschutz und dadurch eingeschränkter Mimik zu kommunizieren, meisterte er alsbald, ebenso wie scheinbar harmlose Fragen wie „Was machst du im falschen Zimmer?“ elegant zu umschreiben. „Da fragt man eben, ob die Person, die sich verirrt hat, eventuell die Person, die das Zimmer bewohnt, die Person sei, die sie besuchen möchte.“
Seit September ist er der Hahn im Korb beim Sozialsprengel in St. Johann in Tirol. „Nicht ganz,“ korrigiert er mich, „Aber es sind außer mir wirklich wenig Männer in diesem Beruf tätig.“ Das Arbeiten mit Menschen, flexible Arbeitszeiten und nicht zuletzt das tolle Team sind für Christian die Vorteile seines Berufes. „Man erlebt laufend schöne Momente und inspirierende Persönlichkeiten,“ weiß er. Etwas, das er von seinen Klienten lernen durfte und sich zu Herzen nimmt ist beispielsweise, zufriedener und bescheidener zu sein. „Wenn man hört, mit wie wenig manche Leute damals unter anderem durch Kriege und andere Krisen auskommen mussten, denkt man um.“ Er ist auf einer 30-Stunden-Basis eingestellt, das ihm ermöglicht, auch neben den Einsätzen bei der Bergrettung das Familienleben in der Waage halten zu können.

Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

Ausgleich findet Christian beim „Spaziergang in den Bergen“. Besonders die Runde über den Maiklsteig hoch und bei der Granderalm hinunter tut ihm gut und lässt ihn Erlebtes verarbeiten. Dabei wird weder gehetzt noch getrackt – sondern einfach die Seele baumeln gelassen.
Auch wenn Christian bereits mit drei Jahren das Stripsenjoch mit dem Opa bestieg, möchte er das seinem Töchterchen, einer richtigen „Goashax“ wie er sagt, nicht zumuten. Aus der Erfahrung heraus ist er bei Outdoor- Aktivitäten mit der Kleinen vorsichtig, für ihn kämen ehrgeizige Bergtouren mit Mountainbikeanhänger oder Buckelkraxe nicht in Frage. „Das kommt schon früh genug,“ sagt er und meint damit die Leidenschaft für die Berge. Und wenn es soweit ist, wird sie viel von ihrem Vater lernen können.

Viktoria Defrancq-Klabischnig