Günter Werth erzählt über sein bewegtes Leben als Allroundsportler und Musiker.

Es ist ein herrlich sonniger Tag, an dem ich mich mit Günter treffe. Er ist sportlich gekleidet und sein helles Haar ist noch ein ganz klein wenig feucht von der Wassergymnastikstunde, die er kurz zuvor Senioren gegeben hat. Jetzt sitzt er mir gegenüber im Café Rainer und blickt mich fröhlich mit seinen blitzblauen Augen an. „So Vicky, was kann ich dir sagen?“ Er muss nicht lange überlegen, und fängt sogleich an, aus seinem Leben zu erzählen.

Fit wie ein Turnschuh

Günter feierte im Oktober 2023 seinen 70. Geburtstag, wobei er sich ganz und gar nicht so „alt“ fühlt: „Ich weiß natürlich nicht, wie es anderen in meinem Alter geht, aber ich fühl mich super!“ Seine Lebensweise sei dabei ausschlaggebend, und dass Sport eine besonders wichtige Rolle in seinem Leben spielt, erkennt man unschwer an seiner agilen Statur. Die Freude an der Bewegung hatte er von klein auf. „Meine jüngere Schwester und ich sind in St. Jakob aufgewachsen,“ erinnert sich Günter. Er hat seine Kindheit sehr genossen, half viel auf dem Bauernhof seiner Freunde mit und war ständig im Freien. Er denkt noch heute gern an die Zeit zurück, als es noch keinen Lift in St. Jakob gab und das Flachtreten des Schnees – also Bio-Pistenpräparierung – einfach zum Skifahren dazu gehörte: „Ich bin davon überzeugt, dass das die Jugend von heute auch machen würde, würde sie müssen. Aber wenn man etwas nicht braucht, warum soll man das dann machen?“ Waren die selbstgeplätteten Pisten einmal fertig, sind Günter und seine Freunde liebend gerne Rennen gefahren. „Um einen Almdudler und ein Skiwachs – das war unser Ding,“ so Günter schmunzelnd.
Im Sommer faszinierten ihn besonders die Segelflieger, die vom Kalkstein kommend, auf den Feldern in St. Jakob landeten, wenn sie keinen Aufwind mehr hatten. „Meine Mama hat mir dann eines Tages einen Motorflug mit Fritz Reiter zum Geburtstag geschenkt – das war der Wahnsinn.“

Luft und Loipen

Nach der Volksschule und der Hauptschule folgte eine Lehre als Elektriker beim Astlinger in St. Johann in Tirol. Kaum war er damit fertig, ging es auch schon zum Militär – Zivildienst gab es damals so weit er sich erinnern kann, nicht. Günter: „Ich war 15 Monate bei der UNO in Syrien – mit dem Verdienst dort konnte ich mir mein erstes Auto leisten.“ Wieder retour im Lande, machte er den heiß ersehnten Segel- und später den Motorflugschein. Am Flugplatz in St. Johann in Tirol war es dann auch, wo er den Skischulleiter von Kirchdorf, Sepp Bichler, kennen lernte. Dieser bot Günter eine Stelle in der Skischule an, und Günter dachte sich, warum denn nicht? Er machte über die Skischule in weiterer Folge die zur damaligen Zeit etwas ungewöhnliche Ausbildung zum Langlauflehrer und war dort ganz in seinem Element.
„Einmal kam der Winter, wo wir so wie jetzt, bereits Ende Februar schon keinen Schnee mehr hatten,“ so Günter. „Sepp sagte zu mir, komm Günter, wir fahren jetzt zum Flugplatz und Fliegen eine Runde.“ Dort trafen sie auf Leo Horst, den damals stellvertretenden Betriebsleiter vom Flugplatz in St. Johann in Tirol. „Wir kamen so ins Reden und auf einmal fragte er mich: ,Günter, möchtest du nicht meinen Job übernehmen?‘ “
Günter haderte nicht lange und ergriff die Gelegenheit beim Schopf – so kam es, dass er Betriebsleiter­stellvertreter von Reinhard Haggenmüller vom St. Johanner Flugplatz wurde und im Winter weiterhin in der Gesellschaft der Kirchdorfer Skischule Langlauf unterrichtete. „Reinhard Haggenmüller war mir immer ein großes Vorbild, eine Person, die ich noch heute sehr schätze,“ erzählt Günter. Nachdem Reinhard in Pension ging, übernahm Günter die Stelle als Hauptbetriebsleiter. Diese neue Position zog aber nicht nur Freu(n)de mit sich. „Es gab damals sehr viele Flugplatz-Gegner, das war nicht immer einfach,“ erklärt Günter. Ihm war es dennoch immer wichtig, den Dialog zu suchen und soweit es möglich war, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.

Biathlon für Jedermann

„Ich war dem Langlauf immer verfallen, aber irgendwann wurde mir das alleine zu langweilig und darum machte ich Biathlon noch dazu,“ erzählt Günter. ,Biathlon für Jedermann‘ war und ist nach wie vor eine Besonderheit in der Region, wo man die Möglichkeit hat, in diese faszinierende Sportart einzutauchen. Als Günter damit begann gab es weit und breit nichts Vergleichbares.
Spannender Tipp: Biathlon kann auch ohne Schnee als tolles Gruppen­event ausgeführt werden.
Heute noch hilft er beim Kids Biathlon liebend gern mit. Seine Firma „Biathlon Events“ hat er mittlerweile an Franz Puckl übergeben.

Streichelwind

„Das mit der Musik hab ich nur zur Gaudi gemacht,“ antwortet Günter auf meine Frage, wie er bei all seinen Projekten noch zum professionellen Singen kam und nach wie vor kommt. Er erzählt mir, wie er durch Zufall den bekannten Komponisten Willy Klüter in München kennengelernt hat. Dieser arbeitete gerade mit dem deutschen Liedtexter Dr. Bernd Meinunger an einem neuen Lied, für den sie noch einen Sänger suchten. „Sie haben mich gefragt, ob ich es nicht einmal probieren möchte.“ Günter hat den Text wie ihm der „Schnabel“ gewachsen ist frei zur Musik reingesungen. Das hat super gepasst und der Song „Streichelwind“ war ein voller Erfolg. Es folgten weitere Aufnahmen, unter anderem mit der bekannten Stina Gabriell sowie Auftritte bei der Schlagerhitparade und Seeleuchten in St. Ulrich.

Keep on moving!

„Ich bin super zufrieden mit meinem Leben, ich hatte viel Glück,“ sagt Günter auf sein bisheriges Leben zurückblickend. Er hat nach dem Spruch „Ein guter Pilot bist du dann, wenn du lange lebst“ darauf geachtet, bei sämtlichen Sportarten nie zu übertreiben, sondern besonnen zu sein. „Ich hatte immer das Glück, meine Hobbys mit dem Beruf verbinden zu können, und das ohne, dass ich es je so geplant hätte,“ sagt Günter. Er betont, dass ihm der familiäre Rückhalt dabei immer die nötige Sicherheit gegeben hat und ist seiner Frau und drei Kindern sehr dankbar. Heute ist er dreifacher Opa und kann seinen Enkerln bestimmt viel von seiner Begeisterung für den Sport und Bewegung generell mitgeben.

Viktoria Defrancq-Klabischnig