Bürgermeister Hubert Almberger über seinen persönlichen Umgang mit der aktuellen Situation, anstehende Projekte und schöne Momente.

Wie geht es dem Bürgermeister? Der Ortschef lehnt sich entspannt zurück. Wir sitzen in seinem Büro in der Gemeinde, mit weit mehr als zwei Metern Abstand, der Raum wurde soeben gut durchgelüftet. Der Ortschef nimmt es genau mit den Corona-Regeln. Gut gehe es ihm, sagt er. Und er erzählt, dass man bei ihm im Zuge einer Vorsorgeuntersuchung überraschenderweise Corona-Antikörper festgestellt habe. Er habe von der Erkrankung nichts bemerkt. „Ich hatte vielleicht einmal einen leichten Schnupfen, aber sonst habe ich mich immer gesund gefühlt in den letzten Monaten.“ Überraschend ist das Ergebnis auch deshalb, weil natürlich in der Gemeinde und auch in seinem Unternehmen, dem Friseursalon Almberger, alle vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen eingehalten wurden und werden. „Aber so ist das Virus“, meint er nachdenklich, „die Krise fordert uns.“
Etwas mache ihm aber schon ein wenig zu schaffen, sagt er nach einer kurzen Pause.
„Nämlich, dass ich schon so lange keine persönlichen Kontakte mehr pflegen, mich nicht unter die Leute mischen kann“, erklärt er. Bürgermeister werde man auch deshalb, so Almberger, weil man die Menschen mag, den Austausch und die Geselligkeit liebt. In der Vorweihnachtszeit gibt es für den ersten Mann in der Gemeinde für gewöhnlich kaum einen Tag ohne Einladung zu einer Vereinssitzung oder adventlichen Veranstaltung, ohne einen Besuch bei den Pensionisten, im Pflegeheim, Altersheim, … So manches Mal wurde es ihm in der Vergangenheit auch zuviel. 2020 jedoch war fast alles abgesagt. „Jetzt erst merke ich, wie sehr ich das alles brauche, wie sehr ich es vermisse.“ Er glaube dennoch, „dass wir unseren Job in der Krise nicht schlecht machen. Wir sind bis jetzt gut durchgekommen. Mein Thema war ja immer, dass wir Pflege- und Altenheim schützen, und das ist uns weitestgehend gelungen.“ Es folgt ein Nachsatz: „Ich hoffe, dass irgendwann ein Ende hergeht.“

Hohe Impfbereitschaft
Die Impfung ist das Licht am Ende des Tunnels. Wie weit ist man damit in St. Johann zum Zeitpunkt unseres Gesprächs Ende Jänner 2021? Die BewohnerInnen des Alten-, als auch des Pflegeheims wurden bereits geimpft, berichtet Almberger. Die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, war hier sehr hoch. Weiters habe man an 570 EinwohnerInnen, die älter als 80 Jahre sind, Einladungen geschickt, 391 von ihnen haben sich zur Impfung angemeldet. Die Gemeinde meldete den daraus resultierenden Bedarf an Impfstoff ans Land. Eine Strategie, wie es danach weitergehen wird, ist in Grundzügen erkennbar, an den Details arbeitet man.
Um auf etwaige kurzfristige Anordnungen schnell reagieren zu können, hat der Bürgermeister mögliche Standorte für eine eventuelle Impfstraße geprüft und ein erstes Gespräch mit einem niedergelassenen Arzt geführt. Man habe aus der Aktion „Tirol testet“ gelernt … Die Gemeinde St. Johann ist bereit, und doch: „Die Impfung der breiten Bevölkerung wird eine logistische Herausforderung“, weiß Almberger.
Dass die Impfung das Ende der Einschränkungen bringt, hofft auch der Ortschef inständig. Zwar gehe es ihm und seiner Familie gesundheitlich gut, dafür sei er auch sehr dankbar. Almberger weiß aber von drei Fällen in seiner näheren Umgebung, von Menschen, die am Coronavirus gestorben sind. „Das ist mir persönlich schon sehr nahe gegangen“, sagt er.
Als Unternehmer hadert er mit der fehlenden Planbarkeit. Dass die Regierung die Verlängerung des Lockdowns beschlossen hat, ist ihm lieber, als dass auf eine Öffnung die nächste Schließung folgt.

Wie geht es nach der Krise weiter?
Als Ortschef blickt Almberger mit gemischten Gefühlen in den Sommer. „Ich mache mir schon Sorgen um unsere Wirtschaft“, gesteht er. „Was, wenn die staatlichen Hilfen auslaufen, wenn die Zahl der Arbeitslosen steigt? Haben die Leute dann noch das Geld zum Ausgeben?“
Das alles wird sich weisen. Es gilt, den Blick für das Positive zu bewahren. Die Krise bringe nämlich durchaus auch viele schöne Momente und Erfolgserlebnisse, so der Ortsleiter. Die Vorbereitung und Durchführung der Massentests habe solche Augenblicke gebracht. „Es war wunderbar zu sehen, wie toll die Mitarbeiter im Haus zusammengearbeitet haben, wie sehr man den Zusammenhalt spüren konnte. Wenn es um was geht, kann man sich auf unser Team verlassen, das hat sich gezeigt“, so der Gemeindechef nicht ohne Stolz.
Aber auch im privaten Bereich habe sich während der letzten Monate sehr Schönes ereignet. Almberger strahlt, als er davon erzählt, dass er im September 2020 Großvater geworden sei. Als weniger schön schildert er den Umstand, dass er seinen kleinen Enkel aufgrund der Reisebeschränkungen noch nie auf dem Arm halten und ihn bislang nur digital über Facetime sehen konnte – denn Almbergers Sohn lebt mit seiner Familie in Bonn. „Mittlerweile winkt mir der Kleine schon entgegen“, erzählt er lächelnd. Natürlich sehnt Almberger den Zeitpunkt herbei, an dem er den Enkel an sich drücken kann. Aber: „Ich bin ein zufriedener Mensch und kann auch die kleinen Momente genießen.“ Deshalb weiß er es auch zu schätzen, dass er im Gemeindeamt einen sicheren Arbeitsplatz hat, einen, der es ihm erlaubt, gerade auch in der Krise zu bewegen und gestalten. „Ich bin sehr dankbar dafür, dass ich jetzt Verantwortung tragen darf, es erfüllt mich auch mit Demut.“ Er habe Respekt vor seinem Amt, sagt er, und liebe, was er tut. Man sieht es ihm an.

Verkehr, Masterplan, Gewerbegebiet und mehr
In den anderthalb Jahren seiner Amtszeit habe er schon einiges erreichen können, so Almberger. Mit dem Parkplatz bei der Wieshofermühle seien wichtige Autoabstellplätze geschaffen worden. St. Johanns Masterplan schreite zügig voran, heuer werde in Kooperation mit dem Krankenhaus das geplante grüne Band vom Bahnhof in Richtung Speckbacherstraße in Angriff genommen – hier wird eine weitere Begegnungszone entstehen.

Besonders freut sich Almberger darüber, dass die Gemeinde St. Johann gemeinsam mit dem Bodenfonds des Landes Tirol ein Areal für Gewerbegründe erwerben konnte, das Areal „Bachern“ an der Innsbrucker Straße. Gemeinsam entwickle man nun ein Projekt, eventuell sogar im Verband mit Nachbargemeinden, aber dazu gebe es noch keine Details. Auf dem großen Grundstück sollen neue Firmen angesiedelt werden, es soll eventuell aber auch bestehenden Unternehmen in St. Johann als Ausweich-Standort dienen, wenn eine Expansion am bestehenden nicht möglich ist. „Man wird sehen, was sich hier alles tut.“
Das Kinderbetreuungszentrum wird im September dieses Jahres fertiggestellt sein, und auch der Umbau des Restaurants in der Panorama Badewelt ist im Prinzip abgeschlossen. „Jetzt müssen die Betreiber nur noch aufsperren dürfen, darauf freuen wir alle uns schon sehr!“
Involviert ist Almberger derzeit auch intensiver in die Belange, die das Krankenhaus betreffen. Das neue Verwaltungsgebäude ist ja fertiggestellt, mit 1. Februar nahm der neue Verwaltungsdirektor Christoph Pfluger seine Arbeit auf (siehe Seite 29).
Eine große Herausforderung ist und bleibt das Thema Verkehr. Es gehe darum, den Ortskern verkehrsberuhigt zu gestalten und den Verkehr „sauber um den Ort herum“ zu leiten. Dabei sind nachhaltige Lösungen gefragt, daran arbeite man. Ein Puzzleteil, das zum Gelingen des Megaprojekts Verkehr beitragen soll, sind die neu installierten Ampeln an der Salzburger Straße. Die Bundesstraße fällt ja in den Zuständigkeitsbereich des Landes beziehungsweise des Bezirksbauamts Kufstein. „Die Ampeln sind Teil eines Pilotprojekts. Ich habe ein gutes Gefühl, dass sie sich bewähren werden, auch wenn wir Einheimischen uns erst daran gewöhnen müssen.“

Das Ortsmarketing – eine Erfolgsgeschichte
Gewöhnt hat man sich in St. Johann schon seit vielen Jahren daran, dass es ein überaus aktives Ortsmarketing gibt, das plant, gestaltet und in vielen Bereichen agiert. Gerade auch in der Krise hat sich das Team bewährt. Hubert Almberger ist einer der Gründungsväter. „Am Anfang war es nicht leicht, den Leuten klarzumachen, dass wir so etwas überhaupt brauchen“, erinnert er sich. Ein wahrer Glücksgriff sei Geschäftsführerin Marije Moors gewesen. „Sie hat sich vom ersten Moment an wahnsinnig engagiert, ist nie müde geworden, Dinge umzusetzen. Ich schätze sie als absolut loyale Person, die es versteht, ihren Kopf durchzusetzen“, sagt er. Auf jeden Fall werde man von anderen Gemeinden vielfach beneidet um diese Einrichtung, die im Ort so viel weiterbringt. „Eine absolute Erfolgsgeschichte!“, bekräftigt Almberger.

Mit vereinten Kräften wird man sich durch die Krise kämpfen. Und wenn sie vorbei ist, wird man zusammen daran arbeiten, St. Johann wieder aufblühen zu lassen. Die Chancen, dass es gelingt, sind hoch. „Denn die Sainihånserinnen und Sainihånser halten zusammen, das haben sie gerade in den letzten Monaten bewiesen“, so Almberger. Und gemeinsam ist fast alles zu schaffen.

Doris Martinz