Eine Therapiehündin hilft Schüler*Innen in der Mittelschule 1 St. Johann dabei, sich besser zu konzentrieren.

Bina, die knapp siebenjährige Münsterländer-Hündin, sitzt auf einer Decke in der Mitte des Sesselkreises. Ihr Herrchen, Hubert Haselmaier, hat ihr den Befehl dazu erteilt, nun legt sie den Kopf zur Seite und schaut ihn fragend an. Hübsch ist sie, die Hundedame, mit ihrem weiß-braun gefleckten Fell, dem seidigen, mittellangen Haar, den hängenden Ohren und dem treuherzigen Blick. Man möchte sie kraulen, mit ihr kuscheln – und das wollen auch wirklich alle SchülerInnen der 1A. Kuscheln ist Teil des Programms, aber natürlich nicht nur das. „Bina kommt alle 14 Tage in die Ganztagsklasse (ein Pilotprojekt), um die Lernatmosphäre, das Sozialverhalten und den Lernerfolg der Kinder zu verbessern“, erklärt Klassenvorständin Angela Erber. Im Umgang mit den Tieren können die SchülerInnen ihre sozialen Kompetenzen zwanglos erproben und verfeinern. „Der Hund ist eine gute Unterstützung im Unterricht. Besonders soziale Kompetenzen wie Rücksichtnahme und Einfühlungsvermögen werden in diesen Stunden intensiv geschult“, sagt Erber.
„Es konnte wissenschaftlich nachgewiesen werden, dass ein Hund die Sozialkontakte in Klassen fördert, dass Kinder dadurch ein gutes Beziehungsgeflecht entwickeln und besser lernen können“, weiß auch Hundehalter Hubert Haselmaier. Deshalb hat er sich angeboten, mit seiner Bina in die Schule zu kommen. Direktor Martin Kofler war sofort interessiert, die ersten Stunden verliefen erfolgversprechend.

Spezielle Ausbildung

Hubert und Bina haben eine umfassende Ausbildung absolviert, bei dem nicht nur der Hund viel lernte. „Auch für mich waren die Kurse sehr lehrreich und spannend“, erzählt Haselmaier. Seine Hündin ist zertifizierte Therapiehündin und als solche auch in den Pflege- und Seniorenheimen in St. Johann und Oberndorf im Einsatz sowie auf dem Lilienhof in Schwoich, wo Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedürfnissen betreut werden. Überall, wo Bina auftaucht, leuchten Augen auf, strecken sich Hände nach ihr aus.
In der ersten Therapiehunde-Stunde in der MS1 haben die Kinder Hausaufgaben aufbekommen, sie sollten zum Beispiel verschiedene Hunderassen recherchieren. Vom Dackel bis zum deutschen Schäferhund wird nun reihum alles genannt, während Bina von ihrem Platz aus interessiert die Vorgänge im Raum beo­bachtet. Später lesen die Kinder aus einem Fachbuch über Münsterländer, jede(r) trägt ein paar Zeilen laut vor. Die SchülerInnen konzentrieren sich, wollen ihre Sache gut machen – denn wer seinen Abschnitt gelesen hat, darf sich mit einem Leckerli in die Mitte zu Bina gesellen und mit ihr kuscheln, bis das nächste Kind dran ist. Das machen alle gerne – auch jene Kids, die beim ersten Kennenlernen noch zögerlich waren, weil sie sich eigentlich vor Hunden fürchten. Bina hat mit ihrer zutraulichen, feinen Art allen die Angst genommen. Sie stärkt das Selbstvertrauen der Kinder, indem sie ihren Befehlen nachkommt. Auch darum geht es in den Unterrichtsstunden – um den Umgang mit dem Tier, darum, auch einmal in eine Führungsrolle zu schlüpfen und die Verantwortung zu spüren, die sie mit sich bringt.
Nach dem Fokus auf die Digitalisierung, die gerade in den letzten Monaten vorangetrieben wurde (werden musste), sieht Direktor Martin Kofler die Arbeit mit dem Lebewesen Hund als wunderbare Ergänzung. Alle freuen sich schon auf die nächsten Stunden und darauf, Bina mit einem Leckerli für ihre Folgsamkeit und Geduld zu belohnen. Bis zur nächsten Unterrichtsstunde mit Hund sollen die SchülerInnen herausfinden, in welchen weiteren Bereichen man die Vierbeiner einsetzt. Ich bin überzeugt davon, dass sie mit Eifer recherchieren und in der Klasse dann wieder sehr konzentriert mitarbeiten werden – um sich wieder für ein Weilchen zu Bina setzen zu dürfen und ihre Wärme und ihr Zutrauen zu spüren …

Doris Martinz