Der neue Verwaltungsdirektor des Krankenhauses St. Johann, Christoph Pfluger, über Herausforderungen und Aussichten.

 

Zum Zeitpunkt unseres Treffens Mitte Februar 2021 ist Christoph Pfluger erst seit eineinhalb Monaten im Dienst und noch dabei, sich einen Überblick zu verschaffen. Darauf aufbauend wird er für die kommenden Jahre seine Ziele stecken und Ideen dafür entwickeln. Er ist ein äußerst angenehmer Gesprächspartner – ruhig, freundlich, fokussiert. Er hat ein paar Themen notiert, die er gerne ansprechen will. Sie sind ihm eine Herzensangelegenheit. So, wie sein Job generell eine ist. „Ich mache alles mit ganzem Herzen oder gar nicht“, sagt er.

Das war schon damals so, als der Kirchbichler 15 Jahre alt war. Eigentlich wollte er einen handwerklichen Beruf ergreifen, aber seine Mutter meinte, sie sehe bei ihm einen sozialen Hintergrund. Deshalb „schnupperte“ er eine Woche lang im Krankenhaus in St. Johann, half beim Bettenmachen und ging mit den Patienten spazieren. Die Erfahrungen, die er in diesen wenigen Tagen machte, veränderten alles: Die Pflege, das stand schnell fest, war seine Berufung. Noch im selben Jahr ging er nach Wien, um dort die einzige Krankenpflegeschule in Österreich zu besuchen, die ihre Schüler schon mit 15 Jahren aufnahm. Nach Abschluss kehrte er nach Tirol zurück und trat eine Stelle als Pfleger in der Abteilung für Knochentransplantation an der Universitätsklinik Innsbruck an. Dort wurde er bereits mit 22, also in sehr jungen Jahren, zum stellvertretenden Stationsleiter ernannt. Später absolvierte Pfluger das Studium der Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Krankenhaus-Betriebswirtschaft und kam schließlich an das Krankenhaus St. Johann, wo er von 2013 bis 2016 die Leitung der Qualitäts-, Risikomanagement- und Organisationsentwicklung übernahm. In diesen drei Jahren gewann er Einblicke in alle Bereiche des Krankenhauses und wickelte über 80 Projekte ab wie die Mitarbeiter-Zeiterfassung, die Laboroptimierung, Patientenbefragungen und vieles mehr. „In St. Johann habe ich mich immer sehr wohl gefühlt, man war hier immer schon sehr innovativ, zum Beispiel in der Digitalisierung.“ Sie bedeute für die Krankenhaus-MitarbeiterInnen eine erhebliche Entlastung und für die PatientInnen mehr Sicherheit. „Es gibt nicht mehr viele Zettel,“ sagt Pfluger, „außer die meinen“, und verweist lachend auf die Notizblätter auf seinem Schreibtisch.
2016 ereilte ihn der Ruf der Klinik in Innsbruck, wo er ins Management wechselte und die Stabsstelle für Patientensicherheit, Qualitäts- und Projektmanagement sowie das Bettenmanagement und das Büro für Patientenanliegen leitete. Er ging mit einem lachenden und einem weinenden Auge … und kehrte heuer schließlich als Verwaltungsdirektor nach St. Johann zurück.

„Ich bin kein Erbsenzähler“

In der Einarbeitungsphase sind die Arbeitstage lang, aber das ist Pfluger gewöhnt, es macht ihm nichts aus. „Ich bin kein Erbsenzähler, es geht um die Sache“, sagt er. Er zähle die Stunden nicht, solange die Arbeit für ihn sinnstiftend sei. Und das ist ein Job im Krankenhaus für ihn auf jeden Fall. Gerade jetzt, in der Krise, sehe man, wie wichtig ein starkes Gesundheitssystem, wie wichtig jedes einzelne Bett, jedes Intensivbett sei. „Ich könnte nie mit Schweinehälften an der Börse handeln, wo dem Bauern selbst am wenigsten bleibt.“
Pfluger ist Frühaufsteher und Frischluftfan: Den Weg von Kirchbichl bis zum Bahnhof Wörgl legt er jeden Tag am frühen Morgen mit dem Rad zurück – bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit. „Es sind ja nur ein paar Minuten, und die frische Luft macht mich wach“, erklärt er lächelnd. Am Wochenende trifft man ihn mitunter in den frühen Morgenstunden mit Tourenskiern und Stirnlampe auf dem Weg auf die Hohe Salve an. „Auf dem Rückweg bringe ich dann das Frühstück mit für die Familie.“ Seine Frau und die drei Kinder im Alter von sechs, acht und elf Jahren freuen sich bestimmt darüber.

Langfristige Pläne

Pfluger ist nun gekommen, um zu bleiben. „Der Job des Verwaltungsdirektors ist für mich wirklich etwas Langfristiges. Hier braucht es Routine, Kontinuität und nachhaltige Entscheidungen. Die kann man nur treffen, wenn man es langfristig angeht.“
Die Situation ist nicht leicht, die Pandemie hat die Tagesabläufe in den Krankenhäusern verändert. Da es aktuell die Auslastung erlaubt, sollen in den nächsten Wochen Rückstände bei den Operationen aufgeholt werden. Eine Überlegung ist auch, die Covid-Intensivbetten „woanders zu verorten, damit sie den laufenden Betrieb nicht mehr einschränken“, so Pfluger.
Weniger Operationen und damit weniger Einnahmen stehen derzeit deutlich höhere Kosten bei der Beschaffung von Material und Schutzausrüstung gegenüber. Es sind finanziell keine rosigen Zeiten, auch nicht im Krankenhaus. „Covid steht im Vordergrund. Wir haben einen Versorgungsauftrag, und den gilt es zu erfüllen“, so der Verwaltungsdirektor. Es gebe aktuell keine Alternativen. „Der Umgang mit den Finanzen ist sehr wichtig“, betont Pfluger, „aber man darf auch nicht am falschen Ort sparen. Die Versorgung muss sichergestellt sein.“
Für sich und seine Familie wünscht auch Pfluger sich wieder Normalität. Für das Krankenhaus wünscht er sich, dass man auf alles vorbereitet ist – wie immer es in den nächsten Wochen und Monaten auch weitergehen wird.

Man lernt voneinander

Die Pandemie ist schwer bis gar nicht einzuschätzen, doch abseits davon gibt es natürlich konkrete Pläne im Krankenhaus – und es wird laufend gebaut. Derzeit entstehen die neuen Räume für die Physiotherapie, auf die sich Pfluger schon freut: „Wir bieten hier bald beste Ausstattung und ein großes Raumangebot.“ Ein weiterer Punkt ist die Krankenhaus-Zentralküche, deren Umbau heuer begonnen wird.
Als absolut zukunftsweisendstes Projekt aber sieht Pfluger die Krankenpflegeschule, die den Menschen im Bezirk den Zugang zum Pflegeberuf ebnet – mit und ohne Matura. Er selbst arbeitete 16 Jahre lang „am Bett“, als Pfleger und weiß, wie wichtig eine gute Ausbildung ist.
Von Bedeutung ist für Pfluger auch die ständige Weiterentwicklung und Optimierung. „Es ändert sich täglich viel in unserem Bereich, man muss wissenschaftlich immer am neuesten Stand bleiben.“ Dafür will Pfluger den Austausch mit anderen Krankenhäusern pflegen. „Das ist das Schöne an unserem Bereich: Jeder teilt sein Wissen gerne mit den anderen, auf nationaler und internationaler Ebene. Man lernt voneinander.“ In der Wirtschaft sei das meist ja ganz anders: „Wenn man als VW-Boss bei BMW anklopft, wird man wohl auf wenig Entgegenkommen stoßen“, sagt Pfluger schmunzelnd.
Das Krankenhaus St. Johann habe immer gut gewirtschaftet, aber immer auch investiert. „Ich sehe St. Johann als ein sehr gutes Haus, und ich sehe eine sehr gute Zukunft“, so Pfluger. Rund 14.000 stationäre Aufnahmen zählt man jährlich und 60.000 ambulante Behandlungen. 779 MitarbeiterInnen stehen auf der Gehaltsliste. „Jeder von ihnen trägt seinen Teil dazu bei, dass das ganze Werk funktioniert, vom Hausmeister bis zum Primar.“

Er selbst ist auf jeden Fall bereit, in den kommenden Jahren all sein Wissen und seine Erfahrungen einzubringen, um das Krankenhaus St. Johann gut in die Zukunft zu führen. 
Doris Martinz