Christina und Sophie Brunner über die Veränderungen in der Mobilität, über Chancen und Herausforderungen.

Die Reisebranche hat schwere Zeiten hinter sich, das gilt auch für Dödlinger Touristik in Fieberbrunn. „Wenn man vier Busse ohne Nummernschild in der Garage stehen hat, weil sie aufgrund der Pandemie nicht fahren dürfen, setzt einem das schon zu“, gesteht Geschäftsführerin Christina Brunner. „Denn die Fixkosten laufen ja weiter.“ Dödlinger Touristik wurde 1928 gegründet, das Unternehmen hat im Laufe der Jahrzehnte schon manche Krise überlebt. So schnell gebe man daher nicht auf, so die Fieberbrunnerin. Ganz im Gegenteil: Die Corona-Zeit nutzten Christina und ihre Tochter Sophie, um an neuen Strategien zu arbeiten. So wurde das Unternehmen heuer mit dem österreichischen Umweltzertifikat ausgezeichnet – als erstes Busunternehmen und Reisebüro in Westösterreich.
Was bedeutet das für die Reisenden? Die erstellten Reiseangebote müssen Umweltstandards und soziale Kriterien bei der An- und Abreise, Beherbergung, den Aktivitäten vor Ort, der Information und Destination erfüllen. Reiselustigen dient das Zertifikat als Hilfe, Angebote herauszufiltern, die „sanftes Reisen“ und einen umweltfreundlichen Lebensstil ermöglichen. „Wer diese „grünen“ Reisen bucht, setzt ein klares Bekenntnis zum Schutz natürlicher Ressourcen und für soziale Mindeststandards, die wiederum zur Qualitätsoffensive beitragen. Uns ist es ein Anliegen, dass Angebote für klimaschonendes Reisen geschaffen werden, damit der Tourismus zukunftsfähig ist und jeder Einzelne aktiv zum Umweltschutz beitragen kann.“

Der Bus – das ökologisch verträglichste Verkehrsmittel

Der Bus als Verkehrsmittel hat dabei eindeutig Poten­tial für die Zukunft. Mehr als das: Er ist sogar Klimaeffizienzsieger. Im Durchschnitt ist ein Reisebus mit 45 Personen besetzt und ersetzt somit 30 PKWs. Dadurch können lange Staus auf Autobahnen und in Innenstädten verhindert werden. Mit einer durchschnittlichen Auslastung von 60 % verbraucht der Reisebus pro Fahrgast sensationelle 1,4 Liter auf 100 km. Zum Vergleich: Ein Auto verbraucht durchschnittlich sechs Liter und ein Flugzeug 5,6 sechs Liter Treibstoff auf 100 Kilometer. Auch mit der Bahn kann der Bus locker mithalten. Der Reisebus ist daher das ideale Verkehrsmittel für nachhaltige Reisen. In den Dödlinger-Bussen ist natürlich der umweltschonende Dieselmotor der neuesten Abgasnorm EURO 6d verbaut. Das macht ihn zum idealen Begleiter für Reisende, die ressourcen- und umweltschonend reisen möchten.
Um die Zertifizierung zu erreichen, reichte es aber nicht, den Fokus auf die Busse und die Reisen selbst zu legen. Auch das eigene Unternehmen wurde komplett auf Verbesserungsmöglichkeiten in punkto Umwelt durchforstet. Die Bushalle wird seither mit Pellets beheizt, und man stellte auf zertifizierte Putzmittel (ein Putzsystem mit Tüchern, die ohne Putzmittel, nur mit klarem Wasser, auskommen) und Dampf-Innenreinigung der Busse um. Natürlich wurde das gesamte Team (neun Fahrer, drei Halbtagskräfte) mit einbezogen, es muss ja alles mittragen.
Unzählige Details wurden aufgegriffen und umgestellt. So werden während der Fahrten keine Getränkedosen mehr ausgegeben, sondern nur mehr Glasflaschen. Und keine Einweg-Plastikbecher für den Kaffee, sondern Tassen, auf denen das Reiseziel und der Termin angebracht sind – als Erinnerung an die Fahrt. Viele kleine Schritte waren es, die das Dödlinger-Team in Richtung Umweltschutz gegangen ist. „Neben dem Tagesgeschäft hätten wir das gar nicht geschafft. So hatte die Pandemie auch ihr Gutes“, weiß Christina.

Die nächste Generation steht in den Startlöchern

Tochter Sophie war dabei immer im Geschehen involviert und steht voll hinter den Aktivitäten. Sie hat mit ihren 21 Jahren bereits den Busführerschein gemacht (übrigens im selben Alter wie ihre Mutter) und studiert am MCI in Innsbruck. Sie wird in die Fußstapfen ihrer Mutter treten und den Betrieb eines Tages in vierter Generation übernehmen. „Für mich ist das ein Ansporn“, sagt ihr Mutter Christina. Es gehe bei alldem ja nicht um ihre eigene Zukunft, sondern um die der Jugend. Man müsse jetzt die Weichen stellen, damit jene überhaupt eine Zukunft hat, so Christina. „Da steht man auch als Unternehmerin in der Verantwortung.“ Sophie weiß aus ihrem Umfeld, dass beim Thema Mobilität gerade vieles in Bewegung ist: „Gerade in den Städten ändert sich die Mobilität, viele junge Leute machen gar keinen Führerschein mehr. Das Bewusstsein, dass sich etwas tun muss, ist da. Viele wollen nachhaltig verreisen. Die Bahn ist dafür nicht immer die Lösung, der Bus kann flexibler sein.“

Im Sommer dieses Jahres hat Dödlinger Touristik die erste umweltzertifizierte Reise durchgeführt. Es ging dabei in die Schweiz, den Bus lenkte Sophie. Die sechs Tage mit Aufenthalten in zertifizierten Hotels seien zum einen spannend und zugleich entspannend gewesen, so Christina. „Wir haben viel gesehen und erlebt. Vielleicht ließ sich der eine oder andere Gast dabei hinsichtlich des Umweltgedankens für Zuhause inspirieren. Wir wollen Vorbild in den kleinen Dingen sein.“

Leidenschaft und Frauensolidarität

Christina Brunner führt den Betrieb seit 25 Jahren. Für gewöhnlich unternimmt sie selber keine langen Touren mehr, weil sie im Büro unabkömmlich ist. Aber sie könnte jederzeit einsteigen und fahren, genau wie ihre Tochter. Der Bezug zur Basis ist ihr wichtig. Und die Leidenschaft für das, was man tut. „Man muss etwas von Herzen gerne tun, dann funktioniert es auch.“ Sophie brennt genauso wie ihre Mutter für den Beruf. „Sie hat diese Begeisterung, die es braucht“, sagt Christina. Sophie ist mit einer Mutter aufgewachsen, die ein Unternehmen leitet – es inspirierte sie. „Wenn man Unternehmerin und damit seine eigene Chefin ist, kann man seine Ideen umsetzen, flexibel agieren. Ich mag es, Projekte zu gestalten. Ein Familienbetrieb wie der unsere bietet da viele Möglichkeiten, das reizt mich sehr.“
Mutter und Tochter haben in diesem Punkt viel gemeinsam. Die beiden Frauen unterstützen sich nicht nur gegenseitig, sondern leben auch Frauensolidarität: Wann immer es möglich ist, arbeiten sie mit Frauen zusammen. Wenn es um Werbung geht, wenn sie einen Fotoauftrag vergeben, Einkäufe tätigen. „Das ist ein Thema, das ich schon länger verfolge“, erzählt Christina. „Ich denke, wir müssen das Frauenthema in der Gemeindepolitik, in der Wirtschaftskammer und überall sonst einbringen. Wir müssen uns immer noch beweisen, uns fällt nichts in den Schoß. Es braucht ein Netzwerk und starke Frauen, die sich gegenseitig unterstützen.“ Und nicht nur das: „Wichtig wäre generell ein Umdenken. Es braucht Zusammenhalt in der Region, damit Betriebe wie wir weiterhin Arbeitsplätze anbieten können. Denn davon profitieren alle“, so Sophie.

Grüne und begleitete Reisen

Es sei die Zeit gekommen, nicht mehr nur von Veränderungen zu reden, sondern Nachhaltigkeit zu leben, auch beim Reisen. „Zum Shoppen nach London zu fliegen, das ist einfach nicht mehr zeitgemäß“, so Christina. Sie bietet mit ihrem Angebot Alternativen an: Reisen mit dem Umweltzertifikat oder Kompensationszahlungen für andere Reisen. „Jeder kann seinen Beitrag leisten!“ Die Unternehmerin nimmt sich selbst dabei nicht aus. Wenn sie Termine in Innsbruck wahrnehmen muss, fährt sie mit den Zug. Auch, wenn sie in ihrem Umfeld dafür einige belächeln. „Wie sollen die Menschen ihr Verhalten ändern, wenn wir es nicht vorleben?“
Was das Thema Reisen betrifft, setzt man den Fokus auf das Jahr 2022. Man hofft, dass es bis dahin keine Einschränkungen mehr geben wird und die Menschen wieder Lust darauf bekommen, sich die Welt anzusehen. Christina und Sophie haben innovative, neue Hotels an den verschiedensten Destinationen gefunden und freuen sich schon darauf, sie ihren KundInnen zu zeigen. Sie wollen einen Schwerpunkt auf grünes sowie auf begleitetes, sorgenfreies Reisen legen. Das bedeutet, dass sie oder Sophie die Reisen wieder vermehrt selber begleiten werden und vor Ort Fragen beantworten und eventuelle Probleme aus dem Weg räumen. „Speziell ältere Menschen wissen es zu schätzen, wenn es auf Reisen jemanden gibt, auf den sie sich verlassen können, jemanden, der sich um alles kümmert. Das Persönliche, dass Menschen füreinander da sind, wird wieder wichtiger.“

Dödlinger ist nicht nur auf Busreisen spezialisiert, sondern auch im Linienverkehr stark. Auch dieser Bereich hat hinsichtlich Klima und Umwelt noch viel Potential. Es sollte also kein Problem sein, das 100jährige Firmenjubiläum im Jahr 2028 zu schaffen. „Wir haben schon so viele Höhen und Tiefen hinter uns und lassen uns durch nichts abschrecken“, bekräftigt Christina. Da schwingt viel Power mit und Mut – das beste Rüstzeug für die Zukunft.
Doris Martinz

www.doedlinger-touristik.com