Über aktuelle Herausforderungen in der Pandemie, Erfolge und Umstände, die nachdenklich machen.

Wenn einer die Rettung braucht, ist er froh, dass sie kommt“, bringt es Ortsstellenleiter Roman Leitner, St. Johann, bei unserem Gespräch auf den Punkt. Ja klar, das geht wohl uns allen so. Dass Einsatzwagen mit Blaulicht unterwegs sind, gehört zum täglichen Bild. Seit gut einem Jahr aber treffen wir die Hilfsorganisationen, und im Speziellen das Rote Kreuz, häufig ganz woanders an: in den Teststraßen und -zentren. Unzählige fallweise angestellte und freiwillige MitarbeiterInnen sorgen dafür, dass wir uns testen lassen können, um zum Friseur oder – im Winter – Skifahren gehen zu können, um einen Corona-Verdacht bestätigt zu sehen oder sich nach der Quarantäne wieder „freizutesten“. Dafür steht das Rote Kreuz immer in enger Abstimmung mit dem Land Tirol. Rund 600 Testungen werden in der Marktgemeinde täglich vorgenommen, vor Ostern waren es 750. Die Stimmung ist gut – im Team, aber auch bei den Testwilligen. „Etwaiger Unmut über die Bestimmungen wird jedenfalls nicht gegenüber unseren Leuten kundgetan“, weiß Isabella Mitter, beim Roten Kreuz in Kitzbühel für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sowie den Sozialbereich zuständig. Die Menschen seien vielmehr spürbar dankbar, dass jemand da ist, der die Testung vor Ort vornimmt, weiß die 26-Jährige.

Herausforderung gemeistert

Das aktuelle Testaufkommen könne man beim Roten Kreuz gut abdecken, aber beispielsweise eine Verdopplung der Kapazitäten wäre aus eigener Kraft nicht mehr zu stemmen. Denn beim Testen dürfen nur Personen mit Sanitäterausbildung oder mit medizinischem Hintergrund helfen, und auch sie müssen eine theoretische und praktische Schulung absolvieren. Nur bei der Anmeldung können fallweise Hilfskräfte einspringen.

Die größte Herausforderung war bisher die Aktion „Kitzbühel testet“ im Jänner nach dem Auftreten der britischen Mutation in Jochberg. Für Mitter brachte sie aber auch einige der schönsten Momente der letzten Monate. Denn es zeigte sich, wie gut der Zusammenhalt innerhalb der Organisation funktioniert. Rettungsdienst, Krisenintervention, Kleiderladen, Rote Kreuz Tafel, … MitarbeiterInnen aus allen Bereichen halfen zusammen, um in enger Kooperation mit Feuerwehr und Gemeinde die große Aufgabe innerhalb vier Tagen zu bewältigen. Letztendlich war der Andrang dann ja gar nicht so groß. „Aber die Kapazitäten wären da gewesen. Das habe ich sehr schön gefunden“, so Mitter. „Ja, wenn es gilt, helfen wir alle zusammen“, bestätigt Roman Leitner.

Erfahrung in schwierigen Situationen

Inzwischen hat sich das Testaufkommen eingependelt, und auch bei den übrigen Bereichen wie zum Beispiel bei den Krankentransporten läuft alles wie gewohnt. Für den Transport braucht es keinen negativen Test, aber die Maskenpflicht gilt natürlich – außer im Notfall. Damit haben manche Menschen ein Problem: Sie weigern sich, während der Fahrt zur Dialyse oder ins Krankenhaus eine Maske zu tragen. „Dadurch kommt es zu gewissen Herausforderungen für unsere MitarbeiterInnen“, nickt Leitner. „Aber wir alle sind es gewohnt, in problematischen, herausfordernden Situationen zu agieren, wir können damit umgehen.“
Roman Leitner ist 60 Jahre alt und seit 40 Jahren beim Roten Kreuz im Einsatz. Neben Beruf (er ist selbständiger Versicherungsvertreter) und Familie hat er der Organisation immer viel Zeit gewidmet. Warum tut man das? Leitner denkt kurz nach und sagt dann: „Weil es ein gutes Gefühl ist, wenn man anderen Menschen helfen kann.“
Zum Glück gibt es mehr Leute wie ihn, denn ohne die Freiwilligen könnte das Rote Kreuz den Rettungsdienst, wie wir ihn kennen und gewohnt sind, nicht aufrecht erhalten. Auch Junge sind immer wieder bereit, einen Teil ihrer Freizeit in den Dienst des Roten Kreuzes und damit der Allgemeinheit zu stellen. Wer sich dafür interessiert absolviert ein „Schnupper-Jahr“, um sicher zu gehen, ob er oder sie mit belastenden Einsätzen umgehen kann und will. Dann beginnt die Ausbildung mit rund 100 Stunden Theorie und 160 Stunden Praktikum.„Wir führen die jungen Leute langsam an die Thematik heran“, erklärt Leitner. Beliebt sei auch das freiwillige soziale Jahr, das manche nach der Matura absolvieren. Sie sehen es als Orientierungsphase, in der sie Sinnvolles tun und eine Berufsausbildung zum Rettungssanitäter machen. Zum Taschengeld wird die Kinderbeihilfe weiter ausgezahlt. „Die jungen Leute erfahren in diesen Monaten, ob sie für den Umgang mit Menschen geeignet sind und lernen viel fürs Leben. Viele von ihnen bleiben uns nach dem einen Jahr als Freiwillige erhalten“, berichtet Mitter.
Bei Bewerbungen an Hochschulen oder auch in Unternehmen werde das freiwillige soziale Jahr auf jeden Fall gerne gesehen – es bestätigt so­ziale Kompetenz.

Wer helfen will, hat beim Roten Kreuz viele Möglichkeiten dazu, der Rettungsdienst ist bei weitem nicht die einzige. Über Unterstützung freut man sich immer bei „Essen auf Rädern“ oder auch bei der „Rotes Kreuz Tafel“ und im Kleiderladen. Einfach anfragen! Infos gibt’s auf www.roteskreuz-kitzbuehel.at
Doris Martinz