Diese Tatsachen sprechen für sich

„Rapatz Theo? Das ist doch der von der Versicherung!“, hört man in der Region immer wieder. Stimmt: Theo Rapatz feiert heuer das 30-jährige Jubiläum als Versicherer in St. Johann, er versichert seine Kundinnen und Kunden gegen die Widrigkeiten des Lebens und begleitet sie durch dick und dünn. Das Versicherungswesen ist seine Welt, es ist das, was ihn „irrsinnig interessiert“, wie er selbst sagt. Deshalb (und weil er in den Jahrzehnten umfassende Aus- und Weiterbildung absolviert hat), ist er darin so gut.
Dass Theo der Spezialist für das Thema Versicherungen ist, ist die eine Sache. Sein Lebenslauf vor Eintritt in die Versicherungswirtschaft war aber durchaus wechselhaft:
Er wird 1967 in Lienz geboren und wächst mit den Eltern sowie zwei Brüdern und einer Schwester in der Bezirkshauptstadt auf. Er erlernt den Beruf des Zweiradtechnikers in einem Fahrradgeschäft und verkauft und repariert nicht nur Bikes und Mopeds, sondern im Winter – nach dem Sortimentswechsel im Geschäft – auch „Unterhaltungsgeräte“ wie Fernseher und Radios sowie Näh- und Waschmaschinen. „Jedes Kraffl halt“, erinnert er sich bei unserem Gespräch in seiner Agentur lachend. Inzwischen hat sich die Technik stark verändert: „Ich repariere nicht einmal mein Rad selber“, gesteht er.
Sein Vater arbeitet damals bei einem der größten Dachdecker der Region, nach dem Bundesheer nimmt auch Theo einen Job dort an, um besser zu verdienen. Der erhoffte finanzielle Segen bleibt aber aus: Der 19-Jährige stürzte nach einigen Monaten vom Dach, zieht sich eine schwere Verletzung zu und ist danach längere Zeit berufsunfähig. „Das war glücklicherweise das einzige Mal in meinen 41 Arbeitsjahren, dass ich arbeitsunfähig war.“
An eine Fortsetzung der „Karriere auf dem Dach“ ist nicht zu denken, der junge Lienzer wird Fahrverkäufer einer Bäckerei und hilft den Bäckern beim Backen.

Beim Stadtfest Lienz 1986 lernt er seine Frau Ulli, eine „Sainihånserin, kennen und lieben: „Da sind bis zu 30.000 Leute unterwegs. Das musst du erst einmal schaffen, dass du da die Frau fürs Leben triffst“, erzählt er mit einem strahlenden Lächeln. Seit 33 Jahren sind die beiden verheiratet. Als sich damals, im Jahr 1988, die Geburt des Töchterchens Stefanie ankündigt, übersiedelt Theo nach St. Johann. Das heißt, Theo wurde der Liebe wegen St. Johanner. „Gibt es einen schöneren Grund?“, fragt er schmunzelnd. Er arbeitet in jenen Jahren im Lebensmittelgroßhandel, zuerst im Geschäft in der Bedienung und dann als Lagerist. Weiters kann er in einem Möbelhaus Fuß fassen und dadurch eine neue Sparte in seinem Berufsleben kennenlernen. 1993 entschließt er sich, in die Versicherungsbranche zu wechseln und schließt drei Jahre später den staatlich geprüften Versicherungskaufmann ab. Theo ist angekommen.

Ein „wilder Hund“

Die Arbeit ist aber nicht das ganze Leben: Als Sohn Marco zur Welt kommt, ist die Familie komplett. Sie nimmt immer einen wichtigen Stellenwert ein, auch wenn der Job viel Zeit beansprucht – Versicherungen werden nun einmal oft abends oder am Wochenende verkauft, und die Schadensfälle richten sich nicht nach Büroöffnungszeiten. Daneben findet Theo jedoch immer Zeit, seine sportlichen Ambitionen auszuleben, vor allem auf dem Rad. Er nimmt am Ötztaler und Kitzbüheler Radmarathon teil, spielt Fußball und später Tennis. Auch das Renn-Gokart hat es ihm angetan, bei den Bewerben gibt’s nur eines: Vollgas! „Ich war ein wilder Hund“, sagt Theo mit einem breiten Lächeln und ergänzt: „Inzwischen bin ich nur mehr ein halb-wilder.“ Er lacht herzlich. Früher sei er sehr ehrgeizig gewesen, erzählt er, lange Zeit habe er gemeint, er müsse mit den Jungen mithalten. „Irgendwann kommt die Erkenntnis, dass das mit über 50 nicht mehr geht, die Jugend ist einfach schneller und besser. Wichtig ist aber, dass der Sport trotzdem noch Freude macht, dass man die Motivation, den Spieltrieb nicht verliert.“

Gedritteltes Leben

Familie, Arbeit, Sport: Theos Leben spielte sich in den letzten drei Jahrzehnten in diesen drei Welten ab, jede einzelne nahm in etwa gleich viel Raum ein. „33,33 Prozent periodisch“, meint Theo. „Und immer hundert Prozent im Beruf!“ Klingt nach einer guten Formel.
Würde Theo sein Leben wieder so führen, wenn er wählen und neu anfangen könnte? Er überlegt ein wenig. „Das Positive ist das Verkaufen, es gibt nichts Schöneres, als mit Menschen zu tun zu haben,“ sagt er dann. Er würde vieles so machen, aber auch ein technischer Beruf könnte in Frage kommen. Und er würde als Kind fleißiger lernen, meint er selbstkritisch: „Ich war ein fauler Sack.“ Vielleicht hängt die fehlende Strebsamkeit damals mit der familiären Situa­tion zusammen: Theos Mutter ist über viele Jahre sehr krank und verbringt immer wieder Wochen und Monate im Krankenhaus. Sie stirbt im Alter von nur 46 Jahren. Theos Schwester, sie ist die Älteste der Kinder, kümmert sich – gemeinsam mit Verwandten und Bekannten – um ihre Brüder. So kann die Familie nach dem Tod der Mutter zusammenbleiben. Obwohl die Situation bestimmt nicht einfach war, kann ihr Theo im Nachhinein sogar Positives abgewinnen: „Man lernt, mit den Themen Krankheit und Tod umzugehen, das macht einen stärker.“ Theos Vater stirbt im Alter von nur 53 Jahren.

Wünsche für die Zukunft

Inzwischen sind Theos Kinder Stefanie (34) und Marco (29) längst erwachsen, beide arbeiten in der Agentur mit. Stefanie hat ihr zweites Kind bekommen und wird im Dezember wieder zurück in die Firma kommen, Marco ist mittlerweile ein wichtiger Ansprechpartner für die Kundinnen und Kunden und aus dem Tagesgeschäft nicht mehr wegzudenken. Theo hat jetzt mehr Zeit für sich als früher – er nützt sie. „Wenn die Kinder selbständig werden, beschäftigt man sich wieder mehr mit sich selber und findet auch da das Glück.“ Er sei tatsächlich ein zufriedener Mensch und schätze sich glücklich, sagt Theo. Er blicke zurück auf drei Jahrzehnte, in denen er viel geschafft und aufgebaut hat – auch für seine Kinder. Sie werden einmal die Firma ohne ihn weiterführen und seine Philosophie weiterleben. „Das ist ein gutes Gefühl“, bestätigt Theo nickend. „Ich kann einmal beruhigt in Pension gehen.“

Was er sich für die Zukunft wünscht, ist immaterieller Natur: „Ich als Person würde mir wünschen, dass die Leute generell wieder mehr miteinander reden.“ Früher sei es einfacher gewesen, Menschen mit Humor und guter Laune anzustecken, heute lache man sogar über Witze kaum noch, meint Theo. Das bestätigt auch Marco: „Als ich noch ein Kind war, sind wir fast jeden Tag Fußballspielen gegangen. Heute wird online gezockt, die Kommunikation verlagert sich ins Digitale. Ich bin froh, dass ich das noch anders erlebt habe.“ Marco hat von seinem Vater einiges übernommen: Auch er hat eine Lehre im Sporthandel absolviert und sich danach in den verschiedensten Bereichen versucht, um im Versicherungswesen zu „landen“. Theo hat seinem Sohn vieles vorgelebt, auch die Einstellung zu Sport und Beruf: „In beiden Bereichen braucht es die Bereitschaft, alles zu geben, wenn man etwas erreichen will. Und diese Bereitschaft habe ich“, so Marco.
Theo nickt, er freut sich sichtlich über die Worte seines Sohnes. „Ich sehe und spüre, dass das der richtige Weg ist, den wir gehen“, meint er. Die Nachfolge steht auf sicheren Beinen, die Philosophie des Unternehmens wird weitergetragen – was könnte sich Theo da noch wünschen?
„Nur, dass die Familie weiterhin so harmonisch bleibt, dass auch die Beziehungen der Kinder funktionieren“, so Theo. Er selbst habe bisher ein „super“ Leben geführt, er sei ein „brutal glücklicher Mensch seit 99 Jahren“. Rein rechnerisch kann sich das nicht ausgehen. Wenn es ums Glück geht, zählt das Gefühl aber mehr als jede Zahl – selbst bei einem Versicherungsagenten.

Doris Martinz