Warum Stefan Seiwald als Bürgermeister ins Gemeindeamt zurückgekehrt ist, wie es mit der „Löwengrube“ weitergeht und welches Projekt seine Augen zum Funkeln bringt.

Der Wechsel im Zimmer des Bürgermeisters ist vollzogen, der neue und zugleich „alte“ Ortschef tritt mir lächelnd entgegen. Seiwald war im Jahr 2012, als Sepp Grander sein Amt aus gesundheitlichen Gründen überraschend zurücklegen musste, eingesprungen und hatte sich nach Ablauf der Periode 2016 erfolgreich der Wahl zum Bürgermeister gestellt. 2019 legte er seinerseits das Amt nieder, um den Verkauf seines Unternehmens „goingsoft“ an die Deutsche Telekom zu begleiten. „Es ging damals um die Standortabsicherung, die Integration in den Konzern und Internationalisierung. Das alles war mit vielen Reisen verbunden, deshalb entschied ich mich zu diesem Schritt“, erklärt er. „Ich wusste das Amt bei Hubert Almberger ja in guten Händen.“
Der Verkauf ist über die Bühne gegangen, Seiwald als erster Mann im Ort wiedergewählt. Warum ist er zurück? Seiwald überlegt kurz und sagt dann: „Weil es möglich war.“ Er habe nun wieder Zeit und Kapazitäten für das Amt, sagt er. Er gestalte und wirke gerne für St. Johann und empfinde das als sehr sinnstiftend. Für sein Ego oder wegen des Geldes habe er sich hingegen nicht wieder um den Bürgermeistersessel beworben. „Da müsste man sich vielleicht etwas anderes suchen“, meint er scherzend. Er habe aber das Gefühl gehabt, gebraucht zu werden. „Und dånn steh’ i Bock!“

„Alle einbinden, g’scheit arbeiten!“

So wohl sich Seiwald in der Gemeinde fühlt: Als Politiker auf Landes- oder Bundesebene sieht er sich nicht. In einer Position, in der man strategisch abstimmen müsse, um jemanden eins auszuwischen oder gute Ideen ablehnen, nur weil sie aus dem „falschen Eck“ kommen, sei er völlig falsch am Platz. „Ich habe das auch bei der konstituierenden Sitzung so gesagt: Ich brauche kein ideologisches Ja oder Nein. Wenn ein Projekt auf den Tisch kommt, und alle finden es gut, dann machen wir es. Das hat in der Vergangenheit geklappt, und so soll es wieder sein: alle einbinden, g’scheit arbeiten!“
Zu tun gibt es genug, schon in Seiwalds erster Amtswoche sei „die Post abgegangen“, wie er erzählt. Die Fortschreibung des Raumordnungskonzepts stehe an und damit die Entscheidung, welche Flächen in St. Johann verbaut werden und welche nicht – ein heißes Thema. „Die Gemeinde wächst, der Zuzugsdrang von den umliegenden Orten wird immer stärker. Wir müssen aufpassen, dass nicht aus Grünflächen alles Beton wird.“
Eine weitere Herausforderung ist das Thema Verkehr. Ganz dringend gehöre jetzt die ­Egger-Kreuzung in Angriff genommen, aufgrund der vielen Unfälle müsse es hier baldigst eine nachhaltige Lösung geben.

Neues von der Baustelle Goldener Löwe

Endlich scheint es auch bei der „Löwengrube“ weiterzugehen. Die Situation sei hier „einfach und schwierig zugleich“, so Seiwald. Als das alte Gasthaus zu verfallen drohte, ging es in den Besitz einer Russin über. Jene verkaufte es 2012 nach langwierigen Verhandlungen an eine einheimische Stiftung. Das Projekt war geplant, der Baubescheid so gut wie ausgestellt – als entweder aufgrund der Bauarbeiten am Klausnerpark, durch die Abbruch- und Grabungsarbeiten im Areal des Goldenen Löwen oder aus anderen Gründen Schäden an den benachbarten Gebäuden festgestellt wurden. Die Gerichte wurden eingeschaltet, die Verhandlungen nahmen den Instanzenzug bis zum Obersten Gerichtshof in Wien. Jetzt, nach fast sechs Jahren, ist der schwerwiegendste Einspruch vom Tisch, nun sollte man bald weiterbauen können. „Für viele St. Johannerinnen und St. Johanner ist es natürlich nicht nachvollziehbar, dass das alles so lange dauert, dem ist aber leider so.“ Selbstverständlich hätte die Gemeinde die Grube in der Zwischenzeit gerne aufgefüllt und begrünt, das sei aufgrund der rechtlichen Situation aber nicht möglich gewesen.

Gewerbegebiet Unterbürg

Worauf freut sich Stefan Seiwald als Bürgermeister jetzt am meisten? „Darauf, dass Normalität einkehrt im Markt. Dass Vereine wieder aktiv werden können, dass es wieder Veranstaltungen und Feste gibt, dass die Leute zueinander finden. Denn das macht St. Johann ja aus“, antwortet er. Worauf er sich noch freut, ist ein weiteres Projekt, ein interkommunales: das Gewerbegebiet Unterbürg an der Grenze zu Going. „Endlich haben wir hier ein Gewerbegebiet für St. Johanner Betriebe, die schon lange vergrößern wollen und bisher nicht konnten.“ Man wolle es auf den siebeneinhalb Hektar Grundfläche von Anfang an richtig machen, so Seiwald – idealerweise entstehe ein eigener Ortsteil mit der richtigen Mischung an Betrieben, die im besten Fall gegenseitig voneinander profitieren. „Da könnten 500 MitarbeiterInnen kommen, das bringt der Gemeinde natürlich auch höchst willkommene Kommunalsteuer ein“, so Seiwald. Das Projekt Unterbürg ist ganz nach dem Geschmack des Bürgermeisters, seine Augen beginnen beim Erzählen zu funkeln. „Ich bin halt ein alter Volkswirt“, sagt er lachend. „Mir taugt das, da haben wir gute Chancen, was Tolles hinzubringen!“
Schon in der Vergangenheit hat Seiwald beim Thema „Geld“ ein gutes Händchen bewiesen: Unter seiner Führung wurde St. Johann zu einer der finanzstärksten Gemeinden in Tirol. Es sieht so aus, als würde es in dieser Tonart weitergehen – es soll zum Schaden der SainihånserInnen nicht sein …

Doris Martinz