Sabine Reitsma über Vermieter-Coaching in St. Johann und einiges mehr.

Eigentlich  ist es paradox: Oft wissen Gäste viel besser über die vielen Möglichkeiten und Besonderheiten im Ort Bescheid als die Einheimischen. Sie kennen das Wander-Wegenetz, wissen um die günstigsten Ski-Kombi-Karten im Winter, erkunden schöne Plätze, die uns nicht geläufig sind oder staunen darüber, dass es im Wilden Kaiser Gebirge einen grünen Regenwurm gibt. Wie bitte? Genau. Vielen Gästen ist das Vorkommen des seltenen Tierchens in unserer Region bekannt. Weil sie es im Museum St. Johann mit eigenen Augen bestaunt haben oder zumindest von ihrem Gastgeber davon informiert wurden. Und woher weiß ihr Vermieter das? Vielleicht ja von der Lern-App, die das Team des Tourismusverbandes den Beherbergungsbetrieben zur Verfügung stellt. Sabine Reitsma, beim TVB für das Vermieter-Coaching zuständig, lacht über mein ungläubiges Gesicht. „Den grünen Regenwurm gibt es wirklich, und die Lern-App natürlich auch“, sagt sie.

Die Applikation ist ein erprobtes Instrument des Vermieter-Coachings. Appartementbetreiber oder RezeptionistInnen lernen dabei, was die Region ihren Gästen alles zu bieten hat – auf unterhaltsame Weise.

 

Infrastruktur gemeinsam nutzen

Sabine Reitsma ist seit sechs Jahren beim TVB tätig, zuvor war sie in der Hotellerie/Gastronomie und in einem Reisebüro angestellt – im Incoming-Bereich. Die Branche war ihr sozusagen in die Wiege gelegt: Ihre Eltern stammen aus den Niederlanden, sie kamen über die Arbeit für ein Reisebüro nach Kitzbühel und blieben dort. Sabine selbst ist in der Bezirkshauptstadt geboren und nichts deutet auf ihre holländischen Wurzeln hin – außer vielleicht ihre kurzen, strohblonden Haare. Sie kennt alle Seiten des Tourismus in unserer Region und liebt ihren Job beim TVB: „Weil ich beraten darf und die Leute das Angebot der Vermieter-Akademie gerne annehmen.“ Das, was sie macht, könnte man auch als einen Brückenschlag zwischen dem Tourismus, den Einheimischen und Gästen betrachten. Dass es nur geht, wenn alle gemeinsam an einem Strang ziehen, haben die letzten Monate gezeigt. Ohne Gäste ist vieles nicht möglich, auch wenn man sich beim TVB über den Winter bemühte, für die Einheimischen ein gutes Angebot zu schaffen. „Dass nicht lückenlos alle Loipen präpariert werden konnten, hat trotzdem für viele Reklamationen gesorgt“, weiß Sabine. Nicht allen sei klar, dass – wie die Erhaltung der Wanderwege – auch das Präparieren der Loipen durch die Ortstaxe finanziert werde. Und hier sind die Einnahmen heuer aus bekanntem Grund ausgefallen.

 

Gute Leistung darf ihren Preis haben

Der TVB bietet in Zusammenarbeit mit dem Land Tirol viele Kurse und Schulungen für Vermieter und deren MitarbeiterInnen an. Sabines Aufgabe ist es auch, jene auch in der Preisgestaltung zu unterstützen. „Gute Leistung darf etwas kosten, das müssen viele erst lernen“, meint sie dazu. Dass sich zum Beispiel auch die persönliche Betreuung der Gäste im Preis niederschlagen sollte, sei für manche Vermieter nicht selbstverständlich. „Wir haben ein tolles Produkt bei uns in der Region“, betont Sabine. „Wir brauchen uns nicht unter Wert zu verkaufen.“

Ein noch dringenderes Pro­blem als je zuvor sind die fehlenden Fachkräfte im Tourismus. „Viele Leute wollen nicht mehr in der Touristik arbeiten, das ist sehr schade. Denn es gibt hier tolle Jobs, bei denen man sehr viel mit Menschen zu tun hat, die gerade ihre schönste Zeit des Jahres verbringen. Die Begegnungen sind meist sehr positiv, und das ist ungemein bereichernd für MitarbeiterInnen.“ Die Berufe in Gastronomie und Hotellerie brauchten mehr Anerkennung und Wertschätzung seitens der Allgemeinheit, das steht für Sabine fest. Aber natürlich müssten auch die Arbeitgeber noch weitere Schritte auf ihre ArbeitnehmerInnen zu machen. „Die Arbeitsbedingungen sind besser geworden, aber es ist noch einiges drin. Wenn man miteinander redet, lässt sich ganz viel regeln.“ Die kommenden Monate werden beweisen, wie attraktiv die Branche für ArbeitnehmerInnen ist, meint Sabine. Man werde gestärkt aus der Krise herausgehen, da ist sich Sabine Reitsma sicher.

Doris Martinz

 

Wer sich die App (kostenlos!) herunterlädt, erfährt bestimmt das eine oder andere Neue über den Ort und seine vielen Optionen.

Einfach mal durchspielen!