Hans-Peter Penker, Dipl. Großküchenleiter im Krankenhaus St. Johann, plaudert aus dem Suppentopf.

Wenn es daheim Gulasch gibt, kauft man für vier Personen etwa ein Kilogramm Fleisch ein. Wenn Hans-Peter Penker Gulasch kocht, kommen über 40 Kilogramm in die Pfanne oder – besser gesagt – in den „Kipper“. Dazu 25 Kilogramm Zwiebeln und „schaufelweise“ Gewürze. Wie bekommt man bei solchen Mengen bloß Geschmack ins Essen? „Da ist es doch viel einfacher, als wenn ich für nur eine Person koche“, meint Penker und lacht. „Viel Fleisch gibt viel Geschmack!“
Bis zu 750 Essen schicken er und seine 29 MitarbeiterInnen täglich aus der neuen Küche des Krankenhauses, die vor wenigen Wochen in Betrieb genommen wurde. Neben den PatientInnen (das Krankenhaus verfügt über 274 Betten) werden auch die Pflegeheime St. Johann und Oberndorf versorgt, das „KIM“, die Mittelschulen 1 und 2, die KAPA Kinderstube St. Johann und Kirchdorf, die Gemeinde Kirchdorf, der Kindergarten des Krankenhauses, die SchülerInnen der Pflegeschule und die eigenen MitarbeiterInnen. Natürlich könne man nicht jeden Geschmack treffen, so Penker, aber die meisten Leute schätzen die Qualität des Essens. „Wir haben einen guten Ruf!“
Diese Tatsache verwundert wenig, kommt der „Maître“ doch aus der klassischen Gastronomie und kochte jahrelang in sehr guten Häusern auf Haubenniveau.

Es wird nicht geschummelt

Seine Kochlehre absolvierte der gebürtige Kärntner im „Ronacher“ in Bad Kleinkirchheim, einer angesagten Adresse für Feinspitze. Danach ging er immer wieder „auf Saison“ in namhaften Häusern, auch in Tirol. 1993 ließ er sich in der Region nieder. Er gründete eine Familie und wechselte 2004 in die Küche des Krankenhauses. Der Zugang zum Kochen ist hier ein ganz anderer – und doch auch wieder nicht. Denn die Leidenschaft für den Umgang mit Lebensmitteln, die Kreativität und Lust am Probieren hat sich Hans-Peter Penker bewahrt. Und das schmeckt man.
80 Prozent der Gerichte werden frisch zubereitet, auf Gewürzmischungen als Basis (beispielsweise für Gulasch), verzichtet Penker. Solche „Schummeleien“, wie er sie nennt, kommen ihm nicht in den Topf. Selbst Spätzle, Knödel oder Frittaten bereitet sein Team selbst zu. Dafür wird das Gemüse schon geputzt angeliefert, das spart Zeit und Abfall. Wann immer es möglich ist, bezieht Penker regionale Ware: Das Fleisch kommt von einem Metzger in Fieberbrunn, das Gemüse von Tiroler Bauern, das Brot von einem Fieberbrunner Bäcker, Milchwaren liefert die „Tirol Milch“ an, die Äpfel kommen aus der Steiermark.

Menüs und Diäten

Jeden Tag können die PatientInnen aus drei Hauptmenüs wählen. Am Tag unseres Gesprächs gibt es Hirschgulasch mit Rotkraut und Semmelknödel (Vollkost), geschmorten Rindsbraten mit Schwarzwurzel und Kartoffelknödel (leichte Vollkost) und ein Gemüsegröstl als vegetarisches Gericht. Der Menüplan erstreckt sich im Großen und Ganzen über sechs Wochen und wiederholt sich dann. Dazwischen baut Penker aber immer wieder saisonale Köstlichkeiten ein wie Kürbis in vielen Variationen im Herbst oder Spargel und Erdbeeren im Frühling.
Nun ist es so, dass leider nicht alle PatientInnen aus den Menüs wählen können – sie müssen eine Diät einhalten. Deshalb leitet die Diätologin von den Hauptmenüs insgesamt 22 (!) verschiedene Diäten ab: salzreduzierte Kost, Breikost, laktosefreies oder glutenfreies Essen, Gerichte für Diabetes- und Dialyse-PatientInnen, Reduktionskost, Purinarme Kost (bei Gicht), kühle Breikost für PatientInnen, denen die Mandeln entfernt wurden und und und. Alle Wünsche und Verordnungen sind digital erfasst, jedes Gericht verlässt individualisiert – mit einem Sticker, auf dem der Name des Patienten/der Patientin vermerkt ist – die Küche.

Cook&Chill

Auf dem Tisch im Büro des Küchenchefs liegt ein Kochjournal mit dem Titel „Köstlich spezial“, die Titelseite kündigt Rezepte für italienische Delikatessen an. Ist Penker ein Fan der italienischen Küche? „Ja, schon, die PatientInnen essen das gerne. Aber am liebsten mögen sie Wiener Schnitzel, Schweinebraten und Süßspeisen“, weiß er. So Kalorienreiches steht natürlich nicht jeden Tag auf der Menüliste, aber im Sinne einer ausgewogenen Ernährung – die im Krankenhaus selbstverständlich gepflegt wird – immer wieder einmal. Auch „Germkiachl“ mit Sauerkraut gibt es dann und wann, sehr zur Freude der BewohnerInnen in den Pflegeheimen.
Germkiachl lassen sich nicht gut aufwärmen und werden deshalb mittags serviert. Zu Mittag lautet das Motto in der Krankenhausküche nämlich „Cook & Serve“. Das heißt, es wird gekocht, und die Gerichte werden noch warm ausgegeben. Am Abend heißt es hingegen „Cook & Chill“: Das Essen wird vorgekocht, dann gekühlt und am späten Nachmittag wieder erwärmt. Die Bratwurst, die am Vormittag zubereitet wurde, ist am Nachmittag genauso „gechillt“ und entspannt wie das Küchenteam, das sich um 15 Uhr in den Feierabend verabschiedet. Verdienterweise, der Arbeitstag hat um halb sieben begonnen.

Genießen ist gesund

Früher hat Hans-Peter Penker mit seinen Künsten Gäste in Restaurants und Hotels begeistert. Heute ist ihm wichtig, dass die Patientinnen und Patienten zufrieden sind mit der Verköstigung. Er weiß, wie wichtig schmackhafte Speisen für kranke Menschen sind. „Wenn man jemanden im Krankenhaus besucht, fragt man meistens, wie es gesundheitlich geht und wie das Essen ist. Die Küche spielt eine ganz zentrale Rolle.“ Mit Liebe zubereitete Gerichte mache für die Kranken den Aufenthalt im Haus, der meist wenig erfreulich ist, erträglicher. „In der Viertelstunde, in der sie ihr Essen genießen, vergessen sie vielleicht auch ihre Sorgen und ihren Schmerz. Genuss und Freude sind wichtig für den Genesungsprozess“, weiß Penker. Er und das gesamte Küchenteam tragen das Ihre dazu bei, Menschen schneller wieder gesund zu machen. „Wir haben einen der wichtigsten Jobs im Haus. Man kann eine Abteilung schließen, aber nie die Küche.“
Jeden Tag pünktlich um 10 Uhr vormittags versammelt Hans-Peter Penker seine Köche um sich. Es wird angerichtet, und alle verkosten, was in den Stunden zuvor in den Töpfen, Pfannen und im großen Kipper brutzelte und schmorte. Ist die Sauce vielleicht ein wenig zu dick geraten? Dann wird noch etwas Suppe zugegossen. Fehlt noch etwas Salz? Dann kommt noch eine „Prise“ dazu. Hat man es mit dem Salz eventuell gar zu gut gemeint? Dann hat das Team jetzt noch die Möglichkeit zu korrigieren. Nur wenn es allen schmeckt, wird das Essen ab halb elf Uhr ausgegeben. In der Frische und Qualität, in der Hans-Peter Penker und sein Team auch für sich selbst kochen. Guten Appetit!

Doris Martinz