Leni Schmied über den Wert der Heimat, über ihren Job und Zukunftsperspektiven.

Gerade noch hat sie im ersten Stock des Modehauses Hofinger in St. Johann ein Fotoshooting für Social-Media abgewickelt und ist dafür als „Model“ vor der Kamera gestanden, nun bereitet sie einen Kaffee für mich zu – Pressetermin.
Magdalena oder Leni, wie sie lieber genannt werden will (und wie sie auch alle nennen), wird wohl eines Tages den Betrieb von ihren Eltern übernehmen, das Wann und Wie steht aber noch nicht fest. Schon seit vielen Jahren half sie immer wieder mal aus, im Einkauf oder bei den Social-Media-Aktivitäten. Wenn sie daheim war. Oft war sie aber auch nicht daheim. Es zog sie nämlich schon früh nach Wien, wo sie an der Modeschule Schloss Hetzendorf maturierte. „Ich war gern kreativ, ich zeichnete und malte viel und suchte wohl nach Leuten, die gleich sind wie ich“, erklärt sie ihre Beweggründe. Die Entscheidung für „Hetzendorf“ erwies sich als goldrichtig: „Es war eine tolle Erfahrung für mich, mit kreativen, jungen Leuten aus ganz Österreich zusammenzukommen, ich konnte mich voll ausleben.“ Hetzendorf brachte aber noch mehr als das, nämlich die Erkenntnis, dass kreatives Arbeiten cool ist, wenn man Lust darauf hat. Und nicht mehr ganz so cool, wenn man vielleicht einmal keine Lust hat und dennoch „liefern“ muss. Nach der Matura entschloss sich die heute 24-Jährige, die LDT Nagold, DIE Fachhochschule der deutschen Modeindustrie, zu besuchen, wo sie binnen zwei Jahren die Ausbildung zur Textilwirtin abschloss. In Dublin führte sie ihr Studium ein Jahr lang fort und beendete es mit dem Bachelor in Betriebswirtschaft – eine Ausbildung, die sie für sich in jüngeren Jahren definitiv ausgeschlossen hätte. „Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal Wirtschaft studiere, aber es hat Spaß gemacht!“

Faszination Modewelt

Nach dem Bachelor stand dann eine Auszeit auf der Wunschliste – reisen und sich die Welt ansehen. Zuvor aber wollte sich Leni daheim im Geschäft noch etwas Geld verdienen. „Und jetzt bin ich immer noch da, weil es mir so gut gefällt“, sagt sie lachend. „Ich hätte nie geglaubt, dass das alles so früh kommt.“
Dass dem so ist, hat viele Gründe: Da ist zum einen natürlich der Job, in dem Leni kreativ sein, aber auch betriebswirtschaftlich arbeiten kann. „Mich fasziniert die Modewelt, weil sie immer was Neues bietet, immer kreativ ist. Man bleibt nie stehen in diesem Metier, sondern ist gezwungen, sich immer wieder neu zu erfinden. Das ist super spannend“, so Leni. Sie mag es, sich mit schönen Dingen zu umgeben, jene auch zu verkaufen und damit das Lebensumfeld ihrer Kundinnen und Kunden schöner zu machen. Es geht aber nicht nur um die Optik: „Hofinger steht für Mode in hochwertiger Qualität. Ein Kleidungsstück darf kein Wegwerfartikel sein“, meint sie.
Bei der Auswahl der Lieferanten achtet die Familie darauf, auch Hersteller aus Österreich, meist kleine Familienbetriebe, zu berücksichtigen. „Mama und Papa sind seit 25 Jahren im Geschäft und haben ihre Connections. Ich versuche, mich da dranzuhängen und so viel wie möglich zu lernen. Alles passiert im Team, wir sind ja ein kleines Unternehmen.“

Vielseitiger Job

Leni liebt es unter anderem, die Schaufenster des Modehauses zu dekorieren – Visual Merchandising“ heißt der Fachbegriff. Die Mode-Expertin erstellt dazu Konzepte und setzt sie auch selbst um. Ein Thema lautete heuer im Frühjahr „Ibiza“ und weckte die Sehnsucht nach dem Süden und bunter, leichter Sommermode. „Da kann ich meine Kreativität voll ausleben“, sagt Leni mit leuchtenden Augen. Zum Job gehören aber auch das Waren-Controlling, So­cial-Media und der Online-Shop – eine „coole Herausforderung“ und ein großes Thema, in welches Leni in den letzten Monaten viel Zeit und Energie steckte.
„Die Stelle in unserem Modehaus ist total vielseitig und passt perfekt für mich!“, sagt Leni begeistert. „Warum sollte ich weggehen?“ Die Argumentation leuchtet ein.
Was noch dazukommt: Lenis Eltern Angelika und Andreas haben ihr und ihren Geschwistern (Leni hat eine Schwester und einen Bruder) immer schon freigestellt, zu gehen, wohin sie gehen wollen. Wenn die ganze Welt zur Auswahl steht, ist es schwer, eine Wahl zu treffen. Und St. Johann hat ja auch viel zu bieten: „Ich habe das lange nicht so gesehen, mittlerweile weiß ich: In St. Johann lebt man dort, wo viele Leute Urlaub machen, und das mit einer sehr hohen Lebensqualität.“ Dazu gehöre auch, dass man in St. Johann jeden Tag Skifahren oder Berggehen könne oder zumindest könnte meint Leni lächelnd. „Ich bin nicht so die Wanderin, aber es ist schön zu wissen, dass es ginge.“
Sie besucht gerne ihre Schwester, die in Wien lebt, fährt aber auch gerne wieder nach Hause. St. Johann ist für Leni ein Ruhepol, eine Blase, ein geschützter Raum, wie sie sagt. Sie genießt es, die Familie um sich zu haben – vielleicht auch, weil sie schon so früh wegging von daheim. Und wie ist es mit dem Wunsch nach einer eigenen Familie? „Eine Familie zu gründen wäre schön, aber es ist nicht mein oberstes Lebensziel. Ich habe immer gesagt, ich werde eine coole Tante“, sagt Leni und lacht. Man wird sehen …

Leni arbeitet viel und gerne

Wovon träumt Leni, was will sie im Leben noch erreichen? Sie denkt kurz nach und meint dann: „Ich bin keine, die große Pläne für die Zukunft macht, man muss ohnehin flexibel bleiben.“ Wie sie ihr Geschäft einmal führen wird, ist noch völlig offen. Ihre Eltern seien auf jeden Fall bereit für Veränderungen, die Modewelt unterliegt ja einem ständigen Wandel. Leni arbeitet derzeit gerne und viel. „Ich denke, es gibt eine Zeit, in der man viel arbeitet. Diese Zeit ist für mich gerade.“ Von einer Work-Life-Balance spricht Leni nicht, sondern nur vom Spaß, den ihr die Arbeit macht.
Irgendwann will sie vielleicht gemeinsam mit ihrer Schwester im Haus der Familie neuen Wohnraum schaffen, aber das ist noch „Zukunftsmusik“. Manchmal ändern sich die Dinge ja schnell, sagt Leni; das weiß sie aus Erfahrung und spielt damit auf die Modewelt sowie auf ihr Wirtschaftsstudium an.
Sie reist nach wie vor gerne und war mit ihrer Schwester heuer in Israel – „einfach großartig!“ Als Hobby bezeichnet sie das Reisen aber nicht, ihre Generation habe wohl keine Hobbys, meint sie. Einem Verein beizutreten, kommt derzeit nicht in Frage. Aber sich in einer Weise ehrenamtlich zu engagieren, das kann sich Leni durchaus vorstellen. Vielleicht hören oder lesen wir ja bald wieder von ihr. 

Doris Martinz