Fünf Frauen und zehn Hände, die anpacken: Das Team des Ortsmarketings stellte sich neu auf.

Wir treffen uns im Ortsmarketing-Büro im ersten Stock des Post-Gebäudes im Herzen der Marktgemeinde. Sesselkreis, fünf neugierige Gesichter. Ausschließlich weibliche. Nein, versichert Angelika Hronek, die „Damenpartie“ sei keine Absicht, sondern habe sich halt so ergeben. „In den Weiberhaufen traut sich jetzt eh kein Mann mehr, aber wir haben das überhaupt nicht so gewollt“, sagt sie fast kleinlaut. Um gleich darauf herzlich zu lachen. Die anderen stimmen mit ein.
Seit fast zwei Jahren ist Angelika „Angie“ Hronek die Geschäftsführerin des Ortsmarketing St. Johann. Viele Jahre lang hatte sie zuvor dessen Aktivitäten und Projekte von der Ferne aus – genauer gesagt von ihrem Wohnort Fieberbrunn aus – mit viel Interesse und auch Begeisterung mitverfolgt. Sie arbeitete damals im Tourismusverband Pillerseetal. Als Marije Moors ausschied, ergriff sie die Chance, sich zu verändern und in
St. Johann neuen Herausforderungen zu stellen. „Ich war bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen“, sagt sie. Ihr Mann ist St. Johanner. „Ein bisschen was wusste ich auch von ihm über Sainihåns“, gesteht sie verschmitzt.

Dranbleiben

Wie soll es weitergehen beim Ortsmarketing, was sind die Ziele für die nächsten Jahre? „Zum einen soll natürlich alles, was in den letzten Jahren so megamäßig aufgebaut worden ist, erhalten bleiben“, erklärt Angelika. Das sei durchaus eine große Herausforderung. Sich auf den Lorbeeren ausruhen könne man sich jedenfalls nicht. Es gelte dranzubleiben. „St. Johann ist immer noch guter Einkaufsort, aber man muss weiterkämpfen und den Herausforderungen entgegentreten.“ Vieles habe sich verändert: Was vor fünf Jahren funktionierte, passe heute nicht mehr. Gastronom:innen und Händler:innen würden das spüren, alle müssten sich anpassen. „Und wir damit!“
Auch Katja Unterrainer veränderte sich: Die 43-Jährige kam im Mai dieses Jahres ins Team des Ortsmarketing. Zwölf Jahre lang hatte sie sich als TVB-Mitarbeiterin in Oberndorf und Ellmau um die Bedürfnisse der Gäste der Region gekümmert, jetzt will sie sich für die Einheimischen einsetzen. Sie ist unter anderem für den Wochenmarkt zuständig. „Als Angie mich angerufen hat, meinte sie: Wir sind ein echt bunter Haufen beim Ortsmarketing. Jeder hat hier seine feinen Eigenheiten und ich glaube, du passt gut zu uns. Ich denke, sie hatte recht.“

Geradlinig

Carmen Schenk ist die einzige der Damen, die schon im vorigen Team unter Marije Moors gearbeitet hat, sie ist seit 2009 beim Ortsmarketing beschäftigt. „Als ich hörte, wer unsere neue Chefin wird, hatte ich keine Bedenken mehr“, meint sie in ihrer trockenen, geradlinigen Art. Sie kümmert sich inzwischen auch um die Buchhaltung. Vieles sei nun neu, sagt sie, „aber kein bisschen schlechter!“ Jede im Team habe Aufgaben, die für sie passen, jede Mitarbeiterin werde gehört. „Deshalb bin ich immer noch mit viel Freude dabei“, bekräftigt sie. „Das ist schon so, auch wenn ihr Gesicht manchmal etwas anderes sagt“, versichert Kollegin Sonja Wimmer mit einem Augenzwinkern. „Du meinst, ich sollte freundlicher sein?“, fragt Carmen und zieht die Augenbrauen hoch. „Wenn man meine Untertitel lesen kann, dann passt es schon“, scherzt die 53-Jährige. Alle lachen, auch Sonja.
Sonja ist 36 Jahre alt, gelernte Floristin und Bürokauffrau und hat in den letzten 18 Jahren in der IT Branche gearbeitet, bevor sie im Mai zum Ortsmarketing wechselte. „Mich interessiert das Dorfgeschehen, ich möchte wissen, was los ist und mittendrin statt nur dabei sein. Deshalb bin ich hier genau am richtigen Platz“, stellt sie fest. Sie unterstützt ihre Kolleginnen, betreut die Website und das Carsharing und erledigt viele weitere Aufgaben. Besonders angetan ist sie davon, dass sie nun auch kreativ sein kann: „Ich kann Ideen einbringen, die dann auch umgesetzt werden. Ich gestalte, bewirke etwas und bekomme dann auch positive Rückmeldungen von den Leuten im Ort, das finde ich super!“
Gutes Feedback ist auch für Stefanie Astl wichtig, mit 20 Jahren ist sie das „Küken“ in der Runde und die einzige Vollzeitkraft im Team. Sie hat die Tourismusschule absolviert und ist nun seit einem Jahr beim Ortsmarketing angestellt. Zu ihren Aufgaben zählen die Betreuung der Social-Media-Kanäle, Grafisches, die Organisation des „Weltraums“ und einiges mehr. „Ich wollte immer in einem kleinen Team arbeiten, wo man alles machen kann und von den anderen viel mitbekommt. Genauso läuft es bei uns, man redet über alles und tauscht sich aus. Das ist perfekt für mich!“

Geradeheraus

Dass im Ortsmarketing nun fast alles neue Gesichter zu sehen sind, liege wohl daran, dass mit dem Wechsel in der Führung in manchen ebenfalls der Wunsch nach einer Neuausrichtung erwacht sei, mutmaßt Sonja. „Wenn die anderen sich nicht verändert hätten, hätten wir keinen Platz gefunden“, meint sie pragmatisch.
Die Stimmung im Team, berichtet sie, sei immer gut. Man arbeite konstruktiv, lache aber auch viel und jede könne sagen, was sie denkt. „Wir sind alles grade Michln und halten das aus“, bestätigt Katja. Sie selbst trage ihr Herz auf der Zunge, Sarkasmus werde im Team großgeschrieben. „Wir ticken alle gleich.“
Wenn fünf Frauen so gut und eng zusammenarbeiten, dann passt doch da gar kein Mann mehr hinein, oder? „So ein fescher Kerl wäre fürs Auge nicht schlecht“, überlegt Carmen mit gespieltem Ernst. „Mir täte er fast ein wenig leid in unserer Konstellation, bei so viel Frauenpower“, entgegnet Sonja. „So ganz männerlos sind wir ja gar nicht“, erklärt Angelika. Von den Bauhöfen der Gemeinde und des TVB komme viel Unterstützung, das wisse man sehr zu schätzen.

Einfach anpacken

Das Ortsmarketing-Team arbeitet gemeinsam und intensiv daran, immer noch besser zu werden. Oft seien es Kleinigkeiten, die große Wirkung erzielten, beschreibt es Angelika. Sie nennt Beispiele wie die neuen Einkaufstaschen aus Holz für das Nightshopping. Und die beleuchteten Bäume beim Weihnachtsmarkt. Und die bepflanzten Ostereier im Frühling. Angelika und Carmen erzählen davon, wie sie die Eier mit dicken, schweren Heringen in der Erde befestigten und sich beim Werken in der Wiese fast die neuen, weißen „Sommerschühchen“ ruinierten. „Das finde ich so witzig: Keine von uns ist sich zu schade für irgendwas, wir alle können anpacken und machen keine Raketenwissenschaft aus Dingen, die einfach erledigt gehören“, so Carmen.
Sonja gibt zu, sie habe anfangs schon leichte Bedenken gehabt, in ein reines Frauen­team zu kommen. „Mittlerweile weiß ich, dass es für mich nichts Besseres gibt als diese Kolleginnen da“, sagt sie und lässt ihren Blick reihum schweifen im Sesselkreis. Fünf leuchtende Gesichter. Ausschließlich weibliche. Frauenpower pur. 

Doris Martinz