Wer grillt Mango und Ei als BBQ-Frühstück oder eine zusammen„geleimte“ Lachsforelle in Haubenoptik? Der St. Johanner Grillweltmeister Daniel Samselnig.
Es ist sicher einer der schönsten Orte, an denen man den Sonnenuntergang erleben kann. An diesem Nachmittag, als ich mich mit Chefkoch Daniel Samselnig beim Alpengasthof Hirschberg treffe, präsentiert sich der Blick eher nebelverhangen. Das könnte auch an seinem Hobby liegen. Auf der Grillschürze des Grillweltmeisters 2024 aus St. Johann in Tirol prangen die Worte: „Grill it like Daniel“. Das zeigt Selbstbewusstsein und eine klare Vision. Doch wie kam es dazu?
Nach der Lehre wusste Daniel Samselnig nicht sofort, was er wollte. Dafür war ihm klar, was er nicht mehr wollte: kochen wie im Lehrberuf. So arbeitete er mehrere Jahre als Gehilfe in einer Druckfirma, als Reifenmonteur und als Maschinenführer – all diese Jobs machten zwar Spaß, führten jedoch zu der Erkenntnis, dass er irgendwie „mehr“ wollte. Mehr Selbstbestimmtheit, mehr Kreativität, einfach „mehr“ von allem.
Immer wieder war er auch für die Wintersaison als Koch in unterschiedlichen Betrieben tätig. Und ihm kam der Gedanke, dass nicht das Kochen für ihn unbefriedigend war, sondern vor allem das Kochen ohne eigene Ideen und eigene Befugnisse. Denn Daniel wollte gestalten, kreativ sein, etwas bewegen und neuen Schwung in Küchen bringen.
Das konnte er spätestens, als er seine jetzige Lebensgefährtin Katrin kennenlernte, die schon damals im elterlichen Alpengasthof hoch über St. Johann in Tirol arbeitete. Als gegen Ende einer Saison im Gasthof der Koch ausfiel, sprang Daniel wieder „vorübergehend“ als Koch ein. Und nach der Saison stand er vor der Entscheidung, sollte er als Koch weiterarbeiten oder als Asphaltierer auf dem Bau. Ermutigt durch Seniorchef Paul entschloss er sich – unter der Voraussetzung, dass er sich auch selbst einbringen und Neues ausprobieren durfte – in der Hirschberg-Küche zu bleiben.
Cook it like Daniel
Gesagt getan, mit kleinen Veränderungen ergänzte er die traditionelle Wirtshausküche mit modernen Akzenten und frischem Wind. Dabei achtete er darauf, nicht zu viele Veränderungen auf einmal umzusetzen, um Gäste und Kollegen nicht vor den Kopf zu stoßen. Mitunter fielen durch seine neue Tätigkeit die wöchentlichen Grillabende unter seine Verantwortung. Doch auch hier wollte Daniel einfach „mehr“. „Wenn, dann interessant und toll!“, war und ist seine Devise. Deshalb absolvierte er neben vielen Koch-Weiterbildungen die Ausbildung zum Fleischsommelier – eine Initialzündung und Sprungbrett in Richtung Grillen.
Eines Abends im Jahr 2021 fand sich eine Gesellschaft zu einem 70er-Jubiläum im Alpengasthof ein. Der Jubilar war kein anderer als Franz Größing, Obmann des Vereins „Grill-ABC“ und mehrmaliger Grillweltmeister. Ein paar Tage später, als das Geburtstagskind die Rechnung begleichen wollte, fragte Franz, ob Daniel nicht 2022 mit seinem Team zur Grill-WM mitfahren wolle. Franz war auf der Suche nach fähigen Leuten und hatte offensichtlich etwas in Daniel gesehen. Bestärkt durch seine Lebensgefährtin Katrin entschloss er sich, dem Grill-Team von Franz Größing beizutreten.
Eifrig starteten sie ins Training für die WM, die 2022 in Belgien stattfand. Sie errangen den 2. Platz. In der nächsten Zeit bildete sich Daniel weiter, probierte viel selbst am Grill aus, brachte seine Arbeitsgeräte auf den neuesten Stand und sammelte Erfahrung in der Arbeit mit anderen Grillteams. Immer auf der Suche nach der modernsten Technik, den außergewöhnlichsten Ideen und dem besten Geschmack.
Frozen Egg mit Mango-Salsa und Mosaik-Lachsforelle
Der nächste große Auftritt von Daniel folgte in grilltechnischer Hinsicht bei der deutschen Meisterschaft im Jahr 2023. Dieses Mal übernahm er erstmals ein eigenes Gericht. Die Vorgabe: ein Barbecue-Frühstücksgericht mit Mango und Ei, bei dem das Ei noch als solches zu erkennen sein sollte. Es folgten Testläufe mit unterschiedlichsten Variationen – das Rennen machte Daniels „Frozen Egg mit Mango-Salsa“, das er bei der internationalen deutschen Meisterschaft in Stuttgart präsentierte und das prompt den 1. Platz in der internationalen Wertung belegte. Ein toller Erfolg für den Nachwuchs-Griller vom Hirschberg. Durch dieses Event schien die Grill-Lust endgültig in Daniel erwacht zu sein – in dieser Zeit kam ihm auch die Idee zu seinen Grillkursen, die er mittlerweile regelmäßig abhält.
Im Jahr 2023 bildete sich Daniel laufend fort, unter anderem mit seinem Mentor Leo Gradl beim bekannten „Smoke on the water“-Grillfestival. Immer weiter und weiter professionalisierte sich Daniel im Bereich Grillen und so war es bei der WM 2024 in Stuttgart tatsächlich so weit, dass er als Kapitän sein erstes eigenes Grillteam zusammenstellte. Insgesamt 106 Teams aus 22 Nationen nahmen am Wettbewerb teil und bereiteten jeweils sechs Gerichte für die Jury vor. Aufgeteilt waren die Gerichte in unterschiedliche Fachbereiche, zum Beispiel auch Fisch. Und hier tat sich das Team rund um Daniel ganz besonders hervor. Sie präsentierten der Jury eine „Mosaik-Lachsforelle“, eine durch Transglutaminase zusammen „geleimtes“ Fischfilet in wunderschöner Haubenoptik, mit Sellerie, Apfel und Senf. Die Jury zeigte sich begeistert von der innovativen Technik und verlieh dem Team rund um Daniel den Weltmeistertitel im Fachbereich „Fisch“ – ein Riesenerfolg für den „Erstlings-Kapitän“ Daniel.
The Show will go on
Die Ziele von Daniel Samselnig für die wettkampftechnische Zukunft sind klar: ein Antritt bei den Österreichischen Meisterschaften im nächsten Jahr sowie bei den Tiroler Meisterschaften. Ebenso strebt Daniel eine Jurorenausbildung für Grillwettkämpfe an. Sollte in den nächsten Jahren wieder eine Weltmeisterschaft in Europa stattfinden, so will er erneut mit einem Team antreten und um den nächsten Weltmeistertitel kämpfen.
In der Rückschau war der Weg vom Traum ohne Beruf zum Chefkoch und Grillweltmeister genau der richtige – er fühlt sich wohl und für ihn gibt es nichts Schöneres.
Wer jetzt in den Genuss von Daniels Grillspezialitäten kommen oder Genaueres über das Enzym Transglutaminase wissen möchte, der meldet sich am besten gleich zu einem seiner Grillkurse an oder lässt sich seine Köstlichkeiten im Alpengasthof Hirschberg schmecken.
Theresa Hager