Der Lebens- uns Sozialberater Michael Koidl über die Macht der Worte, über unterschiedliche Bilder im Kopf und mehr.
Auf dem Weg zur Physiotherapie sprang mir kürzlich eine Einladung zu einem Workshop ins Auge. Der Titel der Veranstaltung lautet: „Die Magie der Sprache“. Als ich kurz die thematischen Inhalte des Workshops überflog, hatte ich sofort die Diskussionen um aktuelle Themen in der Marktgemeinde im Kopf. Mein Fazit: Ein Auffrischungskurs in Sachen guter und wertschätzender Kommunikation schadet nicht. Irgendwie scheinen uns diesbezüglich nämlich ein paar wichtige Kompetenzen abhanden gekommen zu sein.
„Das mag sein. Aber ganz einfach war Kommunikation noch nie“, weiß Michael Koidl, Vortragender beim genannten Workshop. Der 41-jährige St.Johanner ist psychosozialer Berater, Coach, Trainer und Unternehmensberater im Bereich Personalwesen. Als Seminarleiter vermittelt er sein Wissen auch in verschiedenen Bildungseinrichtungen. Gemeinsam mit seiner Frau Katharina hat er vor zwei Jahren „Synergie Mensch“ gegründet, ein Kompetenzzentrum für körperliche und geistige Gesundheit in St. Johann.
Michael Koidl befasst sich intensiv damit, was Worte bewirken können. Die Geschichte der Menschheit sei voll mit Missverständnissen, meint er. Was man für ein besseres Verständnis tun kann? „Dem Gegenüber zuhören! Und zwar mit einem grundsätzlichen Wohlwollen“, konkretisiert er. Im Nachsatz liege derzeit wohl die Krux: „Oft wollen wir in Wirklichkeit gar nicht zuhören. Weil wir den Menschen, mit dem wir sprechen, längst in eine Schublade gesteckt haben und gar nicht mehr zu uns dringt, was er zu sagen hat.“ Er rät, das Verhalten von Personen von der Person selbst zu trennen. „Sympathische, nette Menschen können Dinge tun, die wir eigentlich nicht gutheißen würden – doch weil wir sie mögen, sind wir weniger kritisch. Während wir bei Menschen, die uns unsympathisch sind, für die gleichen Handlungen deutlich strenger urteilen.“ Eine Person sei kein Idiot, nur weil sie in einer Sache anderer Meinung sei als man selbst, meint Michael. Oder weil sie in ihrer Rolle agiere – als Elternteil oder etwa als Vorgesetzte(r). „In jeder Rolle hat der Mensch einen anderen Auftrag und verhält sich daher anders. Aber die ganze Person ist vielleicht nicht so, das darf man trennen.“
Selbstkritisch sein
Was es für eine gute Kommunikation brauche, sei Selbstreflexion, so Michael. Sich selbst kritisch zu hinterfragen ist vielleicht nicht gerade unsere Lieblingsdisziplin, aber sie macht das Miteinander besser. „Wenn ich mich über etwas aufrege, ist es interessant, sich einmal die Frage zu stellen, worum es konkret geht. Was nervt oder ärgert mich an der Person oder an einem Thema? Habe ich das Gefühl, nicht gesehen oder gehört zu werden? Wünsche ich mir mehr Anerkennung? Es geht immer um solche Dinge“, erklärt Michael. Es seien unsere eigenen unerfüllten Bedürfnisse, die dazu führen können, dass wir anderen Menschen nicht mit Respekt begegnen. Ein ausgeglichener Mensch, der mit sich selbst im Reinen ist, hat es nicht nötig, andere zu beleidigen, um sich selbst besser zu fühlen. „Wenn ich jemandem Böses wünsche, wie geht es mir dabei selbst? Gut? Ich denke nicht. Das, was wir über andere sagen, sagt viel über uns selbst und unser Befinden aus.“
Die Basis für respektvolle Kommunikation ist ein positives Selbstbild, ein wohlwollender innerer Dialog mit uns selbst, sagt Michael. „Wir denken in Sprache, Bildern und Gefühlen, alles vermengt sich. Wie ich über andere Menschen denke, so rede ich mit mir, und das wiederum spiegelt sich nach außen“, veranschaulicht er. Ein Beispiel: Wenn wir mit jemanden reden und wir denken uns ,ach, wenn der doch nur aufhören würde zu labern’ formulieren wir diesen Eindruck in unserem Inneren, und die Worte spiegeln sich nach außen: durch unsere Mimik und Gestik, durch minimale Signale, die das Gegenüber wahrnimmt. Die Person merkt, dass wir ihr nicht wohlgesonnen sind. Wir sollten also auf unseren inneren Dialog achten. Wie wertschätzend bin ich? Unser Gegenüber wird es spüren. „Unsere grundsätzliche Haltung sollte lauten: Ich bin OK, du bist OK. Dann ist schon viel gewonnen.“
Feder ist nicht gleich Feder
Und doch: Selbst, wenn wir die besten Absichten haben und unserer Gesprächspartnerin/dem Gesprächspartner wohlgesonnen sind, ist es unwahrscheinlich, dass wir uns voll und ganz verstehen. Weil jeder von uns dem Gesagten seine eigene Bedeutung gibt. „Man sagt etwas, und der andere fasst es anders auf. Das ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel“, weiß Michael.
Er bittet mich, mir eine Feder vorzustellen. Die Feder in meinem Kopf ist lang und blau und stammt von einem Hyazinth-Ara. Michaels Feder ist eine kleine weiße Daune, wie er mir verrät. „Es gibt tausend Möglichkeiten, das Wort Feder löst in jedem Menschen ein anderes Bild aus. Das ist das Spannende an der Sprache.“
Wenn allein das Wort Feder so unterschiedliche Assoziationen weckt, verwundert es nicht, dass wir uns oft falsch verstehen. Was bei der Kommunikation hilft, sei auch, die eigenen Gefühle zu verstehen und benennen zu können. „Als Erwachsene können wir sie dann kommunizieren.“ Wenn wir darüber reden, was uns froh oder traurig macht, kann uns das Gegenüber besser verstehen. Klingt einfach, ist es aber nicht immer. Manchmal ist es aber gut zu wissen, wie die Mechanismen in unserem Inneren funktionieren, um mit mir selbst und dem Gegenüber verständnisvoller zu sein. Darin sind wir uns nämlich alle gleich.
Doris Martinz