Eine Geschichte über die wohl besten Außendienstlerinnen der Welt und den Bienenzuchtverein St. Johann, denn der feiert heuer sein 125-Jähriges
Schon vor Jahrtausenden waren die kleinen Sammelwunder für Wachs und Honig hochgeschätzt. Höhlenmalereien aus der Mittelsteinzeit – circa 8.000 bis 12.000 Jahre alt – zeigen Menschen beim „Honigjagen“. Auch die Ägypter vor 3.000 Jahren waren der Honiggewinnung zugetan. Honig galt als „Speise der Götter“ und wurde als Tränen des Sonnengottes Ra verehrt.
Die Geschichte der Imkerei in Österreich ist etwas jünger. Erste Belege für die hiesige Bienenzucht stammen aus dem 8. Jhdt. im Zusammenhang mit der „Zeidlerei“. Die Zeidler sammelten den Honig (halb-)wilder Bienen und verkauften ihn. Doch auf diese erste Blüte der Imkerei in Österreich folgte mit Kolonialisierung und Rohrzuckerimport ein Rückschlag. Erst unter Kaiserin Maria Theresia fand die Professionalisierung der Imkerei statt. Sie gründete im Jahr 1769 die weltweit erste staatliche Imkerschule.
Und heute?
In der modernen Imkerei von Hans-Peter in Reith sind gefliester Boden, Edelstahl-Arbeitsplatten und jede Menge Geräte, die ich nicht gleich zuordnen kann, Standard. Die großen Fensterfronten zeigen einen eindrucksvollen Blick auf den Wilden Kaiser, während Hans-Peter Foidl und Thomas Hauser mir voller Enthusiasmus vom Bienenzuchtverein St. Johann in Tirol erzählen. Immerhin feiert der Verein diesen November sein 125-jähriges Bestehen. Und so fing es an: „Die ergebenst gefertigte Vorstehung erlaubt sich hiermit zu berichten, daß 25 Mitglieder […] beschlossen haben, einen Bienenzüchter Zweigverein für Großachenthal mit dem Sitze in St. Johann in Tirol zu gründen und sich dem Bienenzüchter Centralverein für Deutschtirol anzuschließen.“ – So lautet ein Auszug aus dem Brief, der durch Anton Feller (erster Obmann) und Christian Unterrainer (erster Obmann Stellvertreter) im September 1900 an die „Hohe k. k. Statthalterei“ nach Innsbruck geschickt wurde, um die Gründung des Bienenzuchtvereins St. Johann in Tirol zu verkünden. Und auch wenn die Zeiten von „Deutschtirol“ und der „k. k. Statthalterei“ längst vorbei sind – der Bienenzuchtverein ist geblieben.
„Imker-Hoangaschtn“ fürs flüssige Gold
Heute wird der Bienenzuchtverein St. Johann in Tirol von Hans-Peter Foidl als Obmann, Thomas Hauser als Stellvertreter und einem sehr aktiven Ausschuss mit teils langjährigen Funktionären geführt. Aktuell zählt der Verein 88 Mitglieder. Angesprochen auf die Ziele des Vereins zögert Hans-Peter keine Sekunde: „Unsere Aufgabe als Verein sehen wir in der Information, Beratung und im Austausch zwischen den Mitgliedern. Im Fokus steht dabei immer die Gesundheit und Vitalität der Bienen“, erklärt er. „Bei uns im Verein ist der offene Austausch sehr wichtig. Und in diesen schließen wir auch eine gesunde Fehlerkultur ein“, ergänzt Thomas. Während vielerorts Fehler am liebsten unter den Teppich gekehrt würden, hat der Bienenzuchtverein eine andere Vorgehensweise. Stirbt beispielsweise ein Bienenvolk, so wird dieses zum nächsten Treffen mitgebracht und man tauscht sich aus, wo die Gründe dafür liegen und was man beim nächsten Mal verbessern kann. „Jedem passieren Fehler, im Idealfall aber nur einmal“, erklärt Hans-Peter. „Bei uns sind auch unterschiedliche Meinungen gefragt. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Branchen, haben unterschiedliches Wissen und freuen uns, wenn zu Themen auch Diskussionen entstehen und man sich nicht immer zu 100 Prozent einig ist“, merkt Thomas an.
Der erwähnte Austausch entsteht vor allem bei den monatlichen „Imker-Hoangaschtn“, bei den drei bis vier „Standschauen“ im Jahr oder beim jährlichen Ausflug. Doch auch bei Weihnachtsmärkten ist der Bienenzuchtverein gerne mit einem Stand dabei, um Produkte zu verkaufen, mit den Menschen in Kontakt zu kommen und über die Bienenzucht zu informieren.
Was heißt hier „jung“?
Angesprochen auf den „(jungen) Vereinsnachwuchs“ müssen beide grinsen. Während mir beim Titel „Jungimkerin“ eine 15-Jährige in Imkermontur vorschwebt, klären mich die beiden auf, dass in ihrem Verein durchaus auch ein 70-jähriger „Jungimker“ sein kann. „Viele starten in der Pension mit der Imkerei, da sie sehr zeitintensiv ist“, erklärt mir Thomas. Dennoch hat der Verein auch einige „Jungimker“, so wie ich es mir vorstelle – also unter 18 Jahren alt. „Hier haben wir den Vorteil, dass eines unserer Mitglieder, Andreas Webhofer, als Lehrer in der LLA Weitau tätig ist und junge Menschen für die Imkerei begeistert“, erklärt Hans-Peter.
Honigcuvées von Schülern designt
Für die 125-Jahr-Feier war es Hans-Peter und Thomas ein Anliegen, Schulen ins Boot zu holen. Darum haben sie sich bereits im Frühling dazu entschlossen, einen Malwettbewerb in den 3. Klassen der Volksschulen St. Johann in Tirol, Reith, Going und Oberndorf zu veranstalten. Aus diesen vier Gemeinden stammt auch ein Großteil der Mitglieder des Bienenzuchtvereins. Das durch die Vereinsmitglieder ausgewählte Siegerbild ziert übrigens das diesjährige Etikett des „Tiroler Goldcuvées“, der wiederum bei der Honigprämierung entsteht. Da Imker für die Prämierung ganze Gläser einsenden, diese aber nur zu einem Bruchteil verbraucht werden, wird aus den „Resten“ der mit Gold ausgezeichneten Honig-Einsendungen ein sogenannter „Cuvée“ angerührt, der dann in der Adventzeit für wohltätige Zwecke verkauft wird. Bei der 125-Jahr-Feier am 16. November findet zusätzlich noch ein Publikumsvoting für den Malwettbewerb statt – die Schulsieger und -siegerinnen dürfen sich auf tolle Preise freuen.
125-Jahr-Feier mit Schmankerln und vielen Highlights
Unter dem Titel „Bienen-Reiten-Lernen“ veranstaltet der Verein am 16. November in der LLA Weitau in St. Johann in Tirol ein Fest für Groß und Klein. Ab 10:00 Uhr wartet dann vor allem für Kinder ein tolles Programm: Neben Führungen durch die landwirtschaftliche Fachschule Weitau und den Ausbildungszweig „Pferdewirtschaft“ gibt es von 13:00 bis 16:00 Uhr ein buntes Kinderprogramm. Kinder und Erwachsene können erleben, wie der Honig von der Wabe bis ins Glas kommt, wie der Weg vom Wachs bis zur Kerze aussieht, sie können aber auch selbst Kerzen drehen. Vor allem für die Kinder wird das große „Pollenspiel“ im Turnsaal ein Highlight. Auch das Bauernladl der LLA Weitau öffnet an diesem Tag seine Türen und es können Honigspezialitäten der Imker erworben werden. Abgerundet wird das bunte Programm durch Kurzvorträge und regioale Schmankerl.
Ein Besuch beim Jubiläumsfest des Bienenzüchtervereins St. Johann in Tirol lohnt sich also auf jeden Fall – auf dass die nächsten 125 Jahre wieder „wie im Flug“ vergehen mögen!
Theresa Hager
