Das mit der „Work-Life-Balance“ könne man vergessen, sagt Lukas Kirchmair. Trotzdem liebt er es, selbständig zu sein.
28 Jahre ist er alt, seit acht Jahren schon ist Lukas in das Firmengeschehen bei „Kirchmair Wohnen“ in St. Johann, dem elterlichen Betrieb, eingebunden. Nur kurz machte er nach dem Bundesheer einen Abstecher in ein anderes Unternehmen – und war sich daraufhin sicher, dass es daheim besser ist. Er hatte die HTL für Innenraumgestaltung und Möbelbau in Hallein besucht. Weil er schon wusste, dass er im Betrieb des Vaters einsteigen würde? „Jein“, antwortet Lukas. Die Thematik „Häuser“ habe ihn immer schon interessiert, aber die konkrete Richtung war noch offen. Außerdem wollte er auch immer Fußballprofi werden. Dafür, dass er neben dem Sport die Ausbildung nicht vernachlässigte, habe seine Mutter gesorgt. „Und sie hat ja völlig recht gehabt.“
Lukas war und ist leidenschaftlicher Fußballer und spielte in der Tiroler Auswahl. Für die Aufnahme bei Red Bull in Salzburg fehlte zwar das letzte Quäntchen Glück. Dafür schaffte er noch in der Schulzeit einen guten Wechsel in die dritte Liga in Eugendorf, warf dann aber das Handtuch. Heute spielt er im Heimatort Kirchdorf, beim SV Kirchdorf. „Das passt mir gut, es macht Spaß und lässt sich mit dem Beruflichen vereinbaren.“
Da sein ist wichtig
Lukas war zwanzig Jahre alt, als er daheim im Betrieb einstieg. Anfangs arbeitete er dem erfahrenen Mitarbeiter Christian Unterrainer zu, wickelte dann gemeinsam mit dem Vater Aufträge ab und wuchs so nach und nach in das Unternehmen hinein. Die Begeisterung sei mit dem Tun gekommen, erzählt Lukas.
Hat er bald gewusst, dass er die Nachfolge seines Vaters antreten wird? Am Anfang war mir das noch gar nicht richtig bewusst, aber im Laufe der Zeit wird man natürlich mit dem Thema konfrontiert. Er habe sich anfangs sehr zurückgehalten. „Ich bin nicht der Typ, der gleich gscheit ist.“ Der Firmenzuwachs durch seine Person habe sich aber als wertvoll herausgestellt, als junge Generation spreche er eine andere Kundschaft an, „damit deckt man mehr ab.“
Schön sei es, sich mit anderen „Juniors“ auszutauschen. Wobei das Netzwerk klein sei, weil es vielfach gar keine Nachfolger in den regionalen Betrieben gebe. Warum ist das so? Lukas überlegt, bevor er antwortet: „Man muss Verantwortung übernehmen. Ich bin zwar noch nicht richtig und zu wenig Chef, aber mir taugt es, sich den Herausforderungen zu stellen. Das muss man mögen.“ Selbständig sein klinge gut und man sage leichthin, man könne sich seine Zeit selbst einteilen, meint Lukas. In Wirklichkeit stimme das nur bedingt. Denn man müsse sehr viel im Betrieb sein, wenn alles richtig gut laufen soll. „Das ist schon ein Nachteil, man kommt einfach nicht weg. Und im Urlaub schafft man es kaum abzuschalten. Von einer Work-Life-Balance braucht man nicht zu sprechen.“ In einer kleinen Firma müsse man eben selbst der Beste sein. Der Beste? „Nein, aber du musst da sein. Wie schaut das aus, wenn du um neun Uhr lässig hereinspazierst, wenn alle anderen schon um acht angefangen haben? Und dann bist du auch noch gscheit und erzählst ihnen, wie es besser ginge? Das geht nicht, vor allem nicht, wenn man jung ist.“ Im Endeffekt sei es aber so: Wenn man gerne arbeite, arbeite man ohnehin mehr. Und das treffe bei ihm auf jeden Fall zu, bekräftigt Lukas.
Geld ist nicht alles
Seiner Begeisterung tun die vielen Arbeitsstunden keinen Abbruch. „Weil ich es volle gerne mache.“ Er genieße es, sich mit schönen Dingen zu umgeben und damit zu arbeiten. „Und wenn du siehst, wie glücklich die Kundschaft ist mit dem, was du machst, dann gibt dir das viel.“ Die Freude und Dankbarkeit der Kund:innen mache auch die ersten grauen Haare vergessen, sagt Lukas und lacht. „Aber ohne Leidenschaft und Freude am Tun geht es nicht.“ Geld könne nie die einzige Motivation sein.
Derzeit besteht das Team bei Kirchmair aus insgesamt neun Köpfen. Sorgen um die Zukunft der Firma macht sich der Juniorchef nicht. „Es wird immer gewohnt, und wenn nicht gebaut, dann doch umgebaut und saniert.“ Derzeit gebe es viel Arbeit – so, wie es in den letzten Jahren oft der Fall gewesen sei.
Er selbst arbeitet Projekte von klein bis groß selbst ab. Bei allen Schritten – von Planung und Entwurf bis hin zur Ausführung – ist er in das Geschehen involviert. Die Ausarbeitung im Detail übernimmt dann gerne sein Team. Lukas ist viel unterwegs: Er trifft sich mit Kundschaften und ist oft auch auf den Baustellen anzutreffen: „Ich bin gerne vor Ort, mir taugt das.“
Fehler als Chance
Was soll die Zukunft bringen? „Das Familiäre in unserem Betrieb soll erhalten bleiben“, wünscht sich Lukas. Das bedeutet, dass die Mannschaft nicht wesentlich wachsen soll.
„So, wie es jetzt ist, habe ich den Überblick und kenne in den Grundzügen jedes Projekt. Das finde ich schon gut. Ich fühle mich wohl dabei.“ Mit 15 Leuten oder mehr, nimmt Lukas an, wäre das wohl schwierig.
Er und seine Leute schätzen es auch, dass man nicht in Teilbereichen arbeitet, sondern dass jeder alles oder doch sehr viel macht. Das verringere die Fehlerquote, weder Wissen noch Emotion würden verlorengehen. Außerdem wisse man sich in der Verantwortung und könne sie nicht auf einen Kollegen übertragen. Fehler würden natürlich trotzdem manchmal passieren, das sei nun einmal menschlich. „Dann kommt es darauf an, wie man damit umgeht. Bei uns bedeutet das, dass etwaige Fehler unverzüglich behoben werden und wir dafür sorgen, dass unsere Kundschaft beste Qualität von uns bekommt.“ Wichtig sei ihm, so Lukas, dass das Team flexibel und kreativ bleibe.
Vater Hannes habe die Latte hochgelegt, was die Qualität betrifft. Sie zu halten und vielleicht sogar noch zu steigern, sehe er als sein betriebliches Ziel. Und auf dem Fußballplatz? „Da möchte ich einfach nur verletzungsfrei bleiben“, antwortet er lächelnd. Außerdem kann er sich vorstellen, irgendwann eine Familie zu gründen. Mit 28 hat er dafür noch ein wenig Zeit. Gestürmt wird nur auf dem Fußballplatz.
Doris Martinz